Radikale Strömungen stehen bei der Bedrohung der Sicherheit und des Weltfriedens an erster Stelle. Jeglicher Radikalismus hat revolutionären Wandel zum Ziel und folgt dabei einer harten, kompromisslosen Politik. Dieser Stil kommt in den Reden, Schriften und Demonstrationen radikaler Personen deutlich zum Vorschein. Radikale Bewegungen versuchen eine Massenpsychose zu bewirken, die an die Stelle von bewußtem Verhalten blind verteidigte Dogmen setzt und sich entsprechend dieser Dogmen entwickelt. In einem solchen Umfeld, in dem Toleranz und Verständnis völlig verschwunden sind, entsteht Feindschaft gegenüber anderen Ideologien, Glaubensrichtungen und Rassen, ohne dass die Notwendigkeit empfunden wird Gedanken und Ansichten der Gegenseite anzuhören.
Unwissenheit ist der Nährboden für die Fähigkeit des Radikalismus, Anhänger zu sammeln. Bevölkerungsmassen, die einseitig mit Wissen versorgt wurden, können von radikalen Strömungen beeinflußt werden und deren Ideen zustimmen, ohne diese beurteilen zu können. Deshalb hat die Erziehung einen wichtigen Stellenwert bei der geistigen Auseinandersetzung mit jeder Art von Radikalismus.
Radikalismus gibt es in der Islamischen Welt ebenso wie in den christlichen und jüdischen Gesellschaften; diese Situation wird von denjenigen, die eine Auseinandersetzung zwischen den Zivilisationen herbeiführen wollen, mißbraucht. Welch ernsthafte Bedrohung der Radikalismus für den Frieden der Welt darstellt, zeigten die Terrorangriffe auf die USA vom 11. September und die Atmosphäre, die danach entstand. Die Tatsache, dass diese Anschläge von Fanatikern, die sich als Muslim lancierten, verursacht wurden, ließ in der westlichen Welt einen falschen Eindruck von der Religion des Islam entstehen. Der Islam jedoch verbietet klar und deutlich jegliche Art von Gewalt und Aggression. Die Islamische Welt verurteilte die Terroristen, und Muslime in aller Welt beteten zusammen mit den Christen für die unschuldigen Menschen, die bei den Angriffen ihr Leben verloren. Auch amerikanische Muslime kamen den Betroffenen der Angriffe zu Hilfe. Trotzdem begann unter der Einwirkung von Kreisen, die diese Anschläge allgemein dem Islam zuschreiben wollten in Amerika und Europa die Ausgrenzung von Muslimen und es kam zu Gewalttaten. Die Einflüsterungen der Radikalen, die auf die Teilung der Welt in miteinander kämpfende Pole abzielen, schufen eine für die Menschen beider Zivilisationen besorgniserregende Atmosphäre.
Sowohl in der westlichen wie auch in der Islamischen Welt müssen kulturelle Programme veranstaltet und Kampagnen organisiert werden, die alle Gesellschaftsschichten erreichen, um den Radikalismus zum Verschwinden zu bringen und weitere Schäden zu verhindern. Wir können die Merkmale, die diese Programme haben müssten sowie die Aufgaben, die den verschiedenen Teilen der Gesellschaft zufallen, folgendermaßen auflisten:
• Radikalismus ist nicht mit der religiösen Moral zu vereinbaren. Wichtig sind das Aufzeigen dieser Tatsache anhand von Beweisen und der ideelle Sieg über Radikale, die behaupten im Namen der Religion aufzutreten. Den Menschen muß erklärt werden, dass die Anhänger der drei Göttlichen Religionen verpflichtet sind, geduldig, liebevoll, feinfühlig, und respektvoll zu sein. Den Menschen muss erklärt werden, dass der Herr allen Menschen Unterdrückung und Aggression verboten hat, dass vor Allah kein Verhalten erlaubt ist, dass unschuldigen Menschen Schaden zufügt und dass sich Menschen, die sich auf diesen Weg begeben, in einem großen Irrtum befinden. Dank dieser Schrift wird von der Gesellschaft sofort entdeckt werden, wenn Menschen nicht das Rechte sagen und sich auf einem Abweg befinden, die im Namen der Religion auftreten, jedoch intolerant und gewaltbereit sind. So wird es diesen Menschen nicht mehr möglich sein, Anhänger zu finden.
• Vorurteile sind ein Hindernis für einen Dialog zwischen den Gesellschaften. Ein wichtiger Schritt zum Aufbau guter Beziehungen ist die Vorbereitung eines Umfeldes, in dem die Anhänger der drei Göttlichen Religionen Glauben, Traditionen und Andachtsübungen der anderen näher kennenlernen können. Gegenseitige Ausbildungs- und Kulturprogramme vermögen mit Leichtigkeit, ein solches Umfeld herzustellen. Lernen sich die Anhänger unterscheidlicher Religionen kennen, dann erkennen sie, über wie viele Gemeinsamkeiten sie verfügen und sie erhalten die Möglichkeit zu einer Versöhnung. Die Menschen müssen einander ihre jeweilige Weltanschauung entsprechend der Moral, die Allah ihnen in den heiligen Büchern befahl erklären, denn auf diese Weise werden aus Wissensmangel resultierende Mißverständnisse verhindert.
• Um die genannten kulturellen Arbeiten zum Erfolg zu führen, fällt den Medien eine wichtige Rolle zu. Die Medien müssen diese kulturellen Tätigkeiten unterstützen, um dem Dialog zwischen den Gesellschaften zum Erfolg zu verhelfen. Publikationen, die Ausgrenzung und Gewalt provozieren, sind zu unterlassen und Publikationen, die Ausgeglichenheit und Toleranz fördern, sind zu verbreiten. Publikationen vor allem der westlichen Presse zu diesem Thema sind ein wichtiger Schritt zur Beseitigung der Vorurteile, die von bestimmten Kreisen gegen Muslime geschürt werden. Die Medienorgane der Islamischen Welt andererseits müssen sich sorgfältig vor Veröffentlichungen hüten, die den Haß auf andere Religionen und Zivilisationen anheizen, aber auch vor gewaltfördernden Interpretationen. Der Schwerpunkt ist auf die kulturelle und geistige Entwicklung der islamischen Welt zu legen.
• Die größte Verantwortung aller dieser Bemühungen jedoch entfällt auf die Geistlichen und die Vorreiter der öffentlichen Meinungsbildung. Die drei Göttlichen Religionen müssen Vorsicht walten lassen gegenüber denjenigen, die Aberglauben und unhaltbare Glaubensinhalte als einen Teil der religiösen Moral darstellen. Der Gesellschaft muß bewußt gemacht werden, dass jede Art von Radikalität der religiösen Moral entgegengesetzt ist und dass Allah den Gäubigen befahl, ausgeglichen und nachgiebig zu sein. Um die Gesellschaft vor Radikalismus zu schützen, müssen die Meinungsbildner diese Bewegung der Bewußtseinsformierung unterstützen und die Grundlage für ein maßvolles Verständnis vorbereiten.
Diese Bemühungen, die von den Angehörigen der drei Göttlichen Religionen auszuführen sind, stellen ein Mittel dar, um die Bedingungen aufzuheben, die die Grundlage des Radikalismus sind. Die Menschen müssen sich vor einem Verständnis hüten, das die eine Seite schätzt, die andere jedoch als wertlos empfindet, das den Glauben und religiöse Werte völlig außer Acht läßt und nur sich selbst im Recht wähnt. Die Sure al-Baqara, der 113. Vers des Quran, teilt mit, dass die Juden die Christen beschuldigen “auf nichts zu fußen” und die Christen die Juden in gleicher Weise beschuldigen. Doch weiß Allah am besten, wer sich auf dem richtigen Weg befindet. Deshalb müssen die aufrichtig Glaubenden Wege suchen, die sie noch näher zu Allah führen, anstelle sich gegenseitig zu beschuldigen, und sie müssen sich darum bemühen, das Wohlgefallen und die Barmherzigkeit Allahs zu erlangen. Ein Vers erklärt in folgender Weise, dass sich diejenigen falsch verhalten, die das Gegenteil tun:
Und die Juden sprechen: "Die Christen fußen auf nichts!". Und die Christen sprechen: "Die Juden fußen auf nichts!" Und doch lesen sie die Schrift. Mit ähnlichen Worten sprachen (schon) diejenigen, die überhaupt kein Wissen besitzen. Allah wird unter ihnen am Tag der Auferstehung über das richten, worin sie uneins sind. (Sure al-Baqara, 113)
Es ist auch nicht zu vergessen, dass mit der Allianz gemäßigter, friedliebender, kultivierter und aufrichtig religiöser Menschen der Schaden beseitigt werden kann, den die Radikalen in der Islamischen, der christlichen und der jüdischen Welt verursacht haben. Auf diese Weise werden die Einflüsterungen derjenigen unschädlich gemacht, die Krieg und Auseinandersetzung als einzige Lösung anbieten und die glauben, dass Sicherheit nur durch Demonstration von Stärke oder Gewaltanwendung gewährleistet werden kann; zugleich werden die Unternehmungen behindert, die die Ursache sind für noch mehr Blut und Tränen und noch größeren materiellen Schaden.