Am 22. September 2008 trug Spiegel Online, die Website des deutschen Magazins Der Spiegel, ein Interview, das Adnan Oktar zu Daniel Steinvorth (Istanbul Korrespondent des Spiegel) gegeben hat. Spiegel Online, die meistbesuchte deutsche Webseite, die pro Monat ungefähr 90 Million Besucher anzieht, trug die folgende Einleitung auf der Hauptseite des Interviews:
„Eine Evolution gibt es nicht, Darwins Lehre ist Teufelswerk: Seine Bücher machten Adnan Oktar alias Harun Yahya zu einem der bekanntesten Kreationisten in der Islamischen Welt. Im Interview mit Spiegel Online erklärt er, wie er den Darwinismus besiegen will.”
SPIEGEL ONLINE: Herr Oktar, praktisch jeder ernstzunehmende Biologe hält die Evolutionslehre für die wohl bestbewiesene Theorie seit der Entdeckung, dass die Erde rund ist. Wollen Sie alle eines Besseren belehren?
ADNAN OKTAR: Es gibt über 100 Millionen Fossilien, die beweisen, dass es eine Schöpfung gab. Und diese Fossilien haben sich nie verändert. Ein Fisch blieb immer ein Fisch, eine Krabbe blieb immer eine Krabbe. Man kann diese Fossilien an jedem Ort der Welt entdecken. Wir haben sie auch in der Türkei gezeigt, und die Menschen haben sie mit eigenen Augen gesehen. Das ist ein klarer Beweis. Im Unterschied zur Schöpfung hat der Darwinismus keinen Beweis für die Evolutionstheorie. Ihre Anhänger haben keinen fossilen Beweis gefunden, den man verwerten könnte.
SPIEGEL ONLINE: Vergangenes Jahr hat der Europarat die EU-Staaten aufgefordert, Kreationismus und die Evolutionslehre nicht gleichberechtigt im Schulunterricht zu behandeln. Empfinden Sie das als Niederlage?
ADNAN OKTAR: Der Darwinismus steht überall auf der Welt unter offiziellem Schutz. Keine andere Ideologie, keine andere Idee wurde jemals so abgeschirmt. Jegliche Kritik verursacht eine offizielle Reaktion. Dennoch ist es ein wissenschaftlicher Fakt, dass die Evolutionslehre falsch ist. Jeder, der meinen "Atlas der Schöpfung" liest, kommt zu diesem Ergebnis. Der Darwinismus betrügt die Menschheit seit 150 Jahren.
SPIEGEL ONLINE: Wie sehr wurden Sie von den christlichen Fundamentalisten aus Amerika und Europa beeinflusst, von den Anhängern des sogenannten Intelligent Design?
ADNAN OKTAR: Ich finde dieses Konzept des Intelligent Design ziemlich unehrlich. Man sollte aufrecht an die Existenz Allahs glauben, man sollte für die Religion eintreten, für den Islam oder das Christentum. Das Konzept des Intelligent Design behauptet, die Dinge seien irgendwie erschaffen worden, aber nicht von wem. Man sollte klar sagen: Das war Allah.
SPIEGEL ONLINE: Richard Dawkins, einer der prominentesten Vertreter des neuen Atheismus, hat seinen Bestseller "Der Gotteswahn" jüngst auf Türkisch veröffentlicht. 15.000 Exemplare sollen bereits verkauft worden sein. Er schreibt unter anderem, dass Religion eine Ursache für Terrorismus sein kann.
ADNAN OKTAR: Der Darwinismus ist die Grundlage für Hitlers und Mussolinis Faschismus und Stalins Kommunismus. Und wenn wir uns die Gegenwart anschauen, dann sehen wir, dass alle Terroristen – auch diejenigen, die sich selbst als Muslime betrachten – in Wahrheit Darwinisten und Atheisten sind. Ein gläubiger Mensch, der regelmäßig betet, legt keine Bomben. Das machen nur Menschen, die vorgeben, Muslime zu sein - oder Darwinisten, die klar sagen, dass sie Terroristen oder Kommunisten sind. Folglich sind sie alle Darwinisten.
SPIEGEL ONLINE: Sie glauben wirklich, dass jemand wie Osama Bin Laden, der Terroranschläge mit dem Koran und der Gottlosigkeit des Westens rechtfertigt, von darwinistischen Idealen geleitet wird?
ADNAN OKTAR: Diese Leute sind nicht immer so, wie sie in ihrer Jugend erscheinen. Wenn man sie auf ihren echten Glauben überprüft, erkennt man, dass sie im Grunde Materialisten und Darwinisten sind. Für einen Menschen, der Allah fürchtet, ist es unmöglich, Terrorakte durchzuführen. Solche Taten werden von Leuten begangen, die im Ausland studiert haben und eine darwinistische Erziehung hatten, die Darwin verinnerlicht haben und sich später Muslime nennen.
SPIEGEL ONLINE: Wo Sie gerade Hitler erwähnen: Auf Ihrer Web-Seite verurteilen Sie den Holocaust und bringen ihn mit dem Darwinismus in Zusammenhang. Noch in den neunziger Jahren haben Sie ein Buch über die sogenannte "Holocaust-Lüge" geschrieben.
ADNAN OKTAR: Dieses Buch ist nicht von mir, es stammt von einem meiner Freunde, Nuri Özbudak. Er hat seine eigenen Essays unter diesem Titel veröffentlicht. Später haben wir dagegen protestiert, ein Notar hat die Fakten klargestellt. Ich habe nicht gegen den Autoren geklagt, aber gegen die Benutzung meines Namens protestiert. Mein eigenes Buch zu diesem Thema habe ich später veröffentlicht.
SPIEGEL ONLINE: Im nächsten Jahr feiern wir den 200. Geburtstag von Darwin und den 150. Jahrestag seines Hauptwerks, "Die Entstehung der Arten". Feiern Sie mit?
ADNAN OKTAR: Das wird eine weltweite Feier des Zusammenbruchs des Darwinismus. Die Menschen werden erstaunt sein, wie um alles in der Welt sie nur an den Darwinismus glauben konnten, wie sie jahrelang einem Schwindel aufgesessen sind. Wie sich Hunderte, Tausende von Universitäten und Professoren haben irreleiten lassen und wie sie von Satan getäuscht wurden.
SPIEGEL ONLINE: Eines Ihrer Bücher heißt "Atlas der Schöpfung", ein dicker und offensichtlich sehr teurer Band. Er wurde bereits in alle Welt verschickt, zahlreiche Redaktionen haben Freiexemplare erhalten.
Wie finanzieren Sie eigentlich Ihren Kampf gegen den Darwinismus?
ADNAN OKTAR: Der Verlag erzielt großartige Gewinne, da ich keine Tantiemen verlange. Und meine Bücher verkaufen sich in großer Zahl. Allein im letzten Jahr wurden acht Millionen Exemplare in der Türkei und zwei Millionen im Ausland abgesetzt. Fast keine anderen Bücher laufen in der Türkei so gut. Dieses Jahr ist es noch besser, die Verkaufszahlen sind viele Male höher. Sie haben sich verdoppelt. Da ist es ganz normal, dass der Verlag auch Freiexemplare verschickt, das fällt unter Öffentlichkeitsarbeit. Aber das Geld dafür kommt vom Verlag.
SPIEGEL ONLINE: Im Mai dieses Jahres wurden sie aber von einem türkischen Gericht dafür verurteilt, eine illegale Organisation gegründet zu haben - zum Zweck Ihrer persönlichen Bereicherung.
ADNAN OKTAR: Ja, ich wurde in der Tat beschuldigt, Chef einer kriminellen Organisation zu sein. Man hat mich zu drei Jahren Haft verurteilt. Aber das muss erst noch vom Berufungsgericht bestätigt werden. Es existieren keine Beweise, die ich für akzeptabel halte. Mein Geständnis musste ich ohne Anwalt und unter Zwang ablegen. Niemand in der Türkei würde eine solche Strafe akzeptieren, wie ich sie bekommen habe.