Kapitel 2 - Auferstehung
Doch der Mensch will einfach weiter vor sich hin sündigen. Er fragt (spöttisch): "Wann ist der Tag der Auferstehung?" Doch wenn der Blick geblendet wird und der Mond sich verfinstert und Sonne und Mond sich verschmelzen, an diesem Tage wird der Mensch fragen: "Wo finden wir Zuflucht?" Doch nein! Es gibt keine Zuflucht! An diesem Tage endet jede Reise bei deinem Herrn. (Sure 75:5-12 – al-Qiyama)
Der Glaube an das Jenseits ist einer der wichtigsten Glaubenspfeiler des Islam. In der ersten Sure des Quran betont Allah, nach Erwähnung Seiner Eigenschaften "Der Erbarmer" und "Der Barmherzige", dass Er "der Herrscher am Tage des Gerichts" ist (Sure 1:3, 4 – al-Fatiha). Im dritten Vers der darauf folgenden Sure wird betont, dass Gläubige jene sind, "...die an das Verborgene glauben" (Sure 2:3 – al-Baqara).
Diese Vorstellung des "Verborgene" schließt auch die Auferstehung des Menschen nach dem Tod mit ein sowie den Tag der Auferstehung, Paradies und Hölle, kurz, alles, was mit dem Jenseits in Verbindung steht. Tatsächlich wird im nächsten Vers, dem 4. Vers der Sure al-Baqara, mit den Worten "...sie vertrauen fest aufs Jenseits" eine besondere Betonung auf den Glauben an das Jenseits gelegt.
Der Glaube an das Jenseits ist ein Zeichen wahren Glaubens, und somit sehr wichtig. Die Art von Glauben an das Jenseits, wie der Quran ihn definiert, resultiert in großer Zuversicht und Wahrhaftigkeit des Gläubigen. Jemand, der an das Jenseits glaubt, besitzt bereits bedingungslosen Glauben an Gott, Sein Buch und Seinen Boten. Solch ein Individuum weiß, dass Gott die Macht über alle Dinge hat und dass Seine Worte und Versprechen wahr sind. Infolgedessen hat er niemals Zweifel über das Jenseits. Bevor er diese Tatsachen sieht und erlebt, hat er bereits festen Glauben an sie, als ob er sie schon gesehen hat. Dies ist die natürliche Folge seines Glaubens und Gottvertrauens und der Weisheit, die ihm gewährt wurde. Weiterhin umfasst ein unerschütterlicher Glaube an das Jenseits, rein von irgendwelchen Zweifeln, den Glaube an die Existenz Gottes sowie den Glaube an Seine Eigenschaften, wie im Quran erklärt, und vollkommenes Vertrauen und Ergebenheit zu Ihm. Dieser Glaube bringt den Menschen auch dazu, Gott im Alltag zu erkennen und ihn gebührend zu würdigen. Dies ist die Art von Glauben, die Allah als wertvoll bezeichnet.
Aus dem Vorhergehenden wird deutlich, dass wahre und vollkommene Überzeugung auf einem unerschütterlichen Glauben an das Jenseits gründet. An vielen Stellen im Quran gibt es Hinweise auf Ungläubige, die das Jenseits leugnen und seine Realität anzweifeln. In der Tat glaubt die Mehrheit dieser Leute jedoch an die Existenz Gottes. Was sie jedoch irreführt, sind nicht Fragen bezüglich der Existenz Gottes, sondern Fragen, die Seine Eigenschaften betreffen. Einige glauben, dass Gott anfangs alles schuf, und dann den Menschen sich selbst überließ. Andere glauben, dass Gott den Menschen schuf, aber dass es das Individuum selbst ist, das sein eigenes Schicksal bestimmt. Eine andere Gruppe denkt, dass Gott die innersten Gedanken und Geheimnisse des Menschen nicht kennt. Einige glauben an die Existenz Gottes, aber lehnen jede Form von Religion ab. Die letztgenannte Art von Menschen wird im Quran folgendermaßen beschrieben:
Und sie schätzen Allah nicht richtig ein, wenn sie sagen: "Allah hat keinem Menschen etwas geoffenbart..." (Sure 6:91 – al-An'am)
Menschen, die die Existenz Gottes zwar nicht abstreiten, aber Gott nicht verehren, wie es Ihm gebührt und das Jenseits leugnen, haben keinen wahren Glauben. Tatsächlich ist die Anzahl von Menschen, welche die Existenz des Schöpfers abstreiten, sehr gering, doch viele von ihnen haben keine vollkommene Überzeugung. Aus diesem Grund findet man im Quran nicht viel Erwähnung von Leuten, die Gott leugnen. Dagegen findet man jedoch umfangreiche Hinweise auf Leute, die Gott Partner zuschreiben, die die Auferstehung nach dem Tod, den Jüngsten Tag, das Paradies, die Hölle und alle Einzelheiten und Aspekte leugnen, die zum Glauben an das Jenseits gehören.
Obwohl das Jenseits eine Tatsache ist, die nicht mit den fünf Sinnen wahrgenommen werden kann, schuf Allah es zusammen mit unzähligen Beweisen und Zeichen, damit unser Verstand leicht ein grundlegendes Verständnis davon erhalten kann. Der Mensch, der der Prüfung in dieser Welt unterzogen wird, kann diese Tatsache nicht mit den fünf Sinnen erkennen, sondern mit Weisheit und Gewissen. Der durchschnittliche Mensch erkennt, wenn er seine Umwelt betrachtet, leicht, dass alles in dieser Welt, einschließlich er selbst, nicht als ein Ergebnis reinen Zufalles entstanden sein kann, sondern vielmehr durch die überlegene Macht eines Schöpfers - das Wissen, den Willen und die Kontrolle Allahs. Dann begreift er, dass die Schöpfung des Jenseits für Allah einfach ist und dass es die natürlichste und logischste Folge des Lebens in dieser Welt ist. Weiterhin erkennt er, dass Allahs Weisheit und Gerechtigkeit die Existenz des Jenseits zwangsläufig mit sich bringen.
Obwohl dies so offensichtlich ist, weigert sich jemand, der gegen die Gebote Allahs verstößt, die Idee der Auferstehung nach dem Tod zu akzeptieren. Als ein Mensch, der sein Leben für die Erfüllung seiner egoistischen Wünsche verschwendet, ist er nicht bereit für die Vorstellung, dass er nach dem Tod vor Allah Rechenschaft über all seine Taten in diesem Leben ablegen muss. Darum zieht er es vor, obwohl er prinzipiell an die Existenz Allahs glaubt, die Stimme seines Gewissens zu unterdrücken und sich selbst zu betrügen. In solch einer Dimension gefangen beginnt ein Ungläubiger, unkluge, inkonsistente und irrationale Vergleiche ohne irgendwelche tiefere Überlegungen zu ziehen, um die Auferstehung und das Jenseits zu bestreiten:
Und er stellt mit Uns Vergleiche an und vergisst dabei, dass er selbst eine Schöpfung ist. Er spricht: "Wer belebt die Gebeine, wenn sie zerfallen sind?" (Sure 36:78 – Ya Sin)
Diese rhetorische Frage, die bloß gestellt wird, um der Wirklichkeit zu entkommen und sich selbst zu betrügen, hat jedoch eine explizite Antwort:
Sprich: "Leben wird ihnen Der wiedergeben, Welcher sie zum ersten Mal erschuf, denn Er kennt jegliche Schöpfung." (Sure 36:79 – Ya Sin)
Im Quran macht Allah klar, dass solche inkonsistenten Vergleiche typisch für die Ungläubigen sind:
Diejenigen, welche nicht an das Jenseits glauben, sind von schlechtem Wesen. Allah hingegen hat alle Eigenschaften in Vollkommenheit, und Er ist der Edle, der Weise. (Sure 16:60 – an-Nahl)
Viele versuchen, ihre Haltung zu rechtfertigen, indem sie folgendes sprechen:
Sprechen werden sie: "Werden wir wirklich in unseren früheren Zustand zurückgebracht? Selbst wenn wir verweste Gebeine waren?" Sie sprechen: "Dies wäre wahrlich eine verlustreiche Wiederkehr!" (Sure 79:10-12 – an-Nazi'at)
Obwohl sie oft davon überzeugt sind, zögern sie nicht, zu gestehen, dass die Existenz des Jenseits nicht mit ihren Zielen in diesem Leben zusammenpasst.
Der Ungläubige reduziert seine eigene Weisheit freiwillig. Er sieht die Irrationalität seiner eigenen Behauptungen, doch fährt mit großer Hartnäckigkeit fort, das Jenseits zu bestreiten, um sich psychologisch zufrieden zu stellen und sein Tun vor sich selbst zu rechtfertigen:
Und sie schwören bei Allah den feierlichsten Eid: "Allah erweckt niemand, der gestorben ist." Doch! Das ist eine wahre Verheißung - jedoch wissen es die meisten Menschen nicht. (Sure 16:38 – an-Nahl)
Diese Leute nehmen ihre Launen und Wünsche als Götter und äußern falsche Worte, um ihr Gewissen zu beruhigen und Zuflucht in ihnen zu suchen. Allah beschreibt den Zustand dieser Leute, welche die Existenz des Jenseits bestreiten, folgendermaßen:
Und wahrlich, Wir bestimmten viele der Dschinn und der Menschen für die Hölle. Herzen haben sie, mit denen sie nicht verstehen. Augen haben sie, mit denen sie nicht sehen. Und Ohren haben sie, mit denen sie nicht hören. Sie sind wie das Vieh, ja verirren sich noch mehr. Sie sind die Achtlosen. (Sure 7:179 – al-A'raf)
An einer anderen Stelle im Quran wird die Situation dieser Leute in den folgenden Worten beschrieben:
Was meinst du wohl? Wer seine Wünsche zu (seinem) Gott macht und wen Allah irregehen lässt - wissend, dass ihm Ohr und Herz versiegelt sind und dass auf seinen Augen eine Hülle liegt - wer wird ihn wohl rechtleiten, wenn nicht Allah? Wollen sie sich denn nicht ermahnen lassen? Sie aber sagen: "Es gibt nur unser irdisches Leben. Wir sterben und wir leben und nur der Zeitablauf macht uns zunichte." Sie haben davon aber kein Wissen; sie vermuten nur. (Sure 45:23, 24 – al-Dschathiya)
Ungläubige behaupten, dass es unmöglich sei, bestimmte Themen durch Gebrauch von Weisheit und Vernunft zu erfassen. Der Tod, die Auferstehung nach dem Tod und das Jenseits, so behaupten sie, seien solche Themen.
Wir können Parallelen zwischen diesen Vorstellungen und den Phänomenen des Schlafens und Träumens ziehen. Jemand, der eindringlich bestreitet, dass er nach dem Tod auferstehen wird und den Gedanken an den Tod stets vermeidet, ist sich nicht bewusst, dass er den Tod jede Nacht in seinem Schlaf erfährt und ebenso wieder aufersteht, wenn er morgens aufwacht. Die Informationen, die uns der Quran bezüglich des Schlafes gibt, sind von großer Hilfe um das Thema zu verstehen. Allah beschreibt den Schlaf im Quran folgendermaßen:
Allah nimmt zur Zeit ihres Todes die Seelen zu Sich, und (die Seelen) derer, welche nicht gestorben sind, in ihrem Schlaf. Diejenigen, über die Er den Tod verhängt hat, behält Er; die andern sendet Er zurück, bis zu einem bestimmten Termin. Darin sind fürwahr Zeichen für nachdenkliche Leute. (Sure 39:42 – az-Zumar)
Er ist es, der euch zu Sich nimmt zur Nacht, und Er weiß, was ihr während des Tages tun werdet, an dem Er euch erweckt, damit ein bestimmter Termin erfüllt wird. Zu Ihm ist euere Heimkehr. Dann lässt Er euch wissen, was ihr getan habt. (Sure 6:60 – al-An'am)
In den obigen Versen wird der Schlaf als Zustand des Todes bezeichnet. Es wird kein grundlegender Unterschied zwischen "Tod" und Schlaf gemacht. Was geschieht also während des Schlafes, der so erstaunliche Ähnlichkeiten mit dem Tod hat?
Der Schlaf ist die Abreise der menschlichen Seele aus dem Körper, den sie einnimmt, während der Mensch wach ist. Beim Träumen erwirbt die Seele einen vollkommenen anderen Körper und beginnt, eine völlig andere Welt wahrzunehmen. Wir können niemals erkennen, dass wir träumen, während wir träumen. Wir verspüren Angst, Reue und Schmerz, wir regen uns auf oder sind glücklich. In unseren Träumen sind wir uns sicher, dass das, was uns zustößt, real ist und wir verhalten uns oft genau so, wie wenn wir wach sind.
Wenn es technisch möglich wäre, von außen einzuschreiten und dem Träumenden zu erzählen, dass das, was er sieht, bloße Gefühle und Illusionen sind, so würde er dies einfach ignorieren und glauben, dass man Spaß mit Ihm treibt. Diese Wahrnehmungen in den Träumen haben jedoch keine entsprechenden materiellen Bezugsobjekte in der externen Welt; das, was wir in unseren Träumen erfahren, ist die Summe der Bilder und Wahrnehmungen, die Allah auf unsere Seelen projiziert.
Der wichtigste Punkt hierbei ist die Tatsache, dass das gleiche göttliche Gesetz auch nach dem Aufwachen gilt. Allah bestätigt im Quran, dass Träume unter Seinem Willen und seiner Kontrolle liegen, wozu der folgende Vers ein Beispiel gibt: "Allah zeigte sie dir in deinem Traume als wenig zahlreich; hätte Er sie dir als sehr zahlreich gezeigt, wahrlich, ihr wärt kleinmütig gewesen und hättet über die Sache miteinander gehadert. Allah aber bewahrte euch (davor). Siehe, Er kennt das Innerste der Brüste. (Sure 8:43 – al-Anfal) Der Vers ''Und beim Zusammentreffen ließ Er sie in eueren Augen als wenige erscheinen und verkleinerte euch in ihren Augen, damit Allah eine Sache vollendete, die geschehen sollte. Und zu Allah kehren alle Dinge zurück.'' (Sure 8:44 – al-Anfal) macht deutlich, dass das gleiche Gesetz auch im täglichem Leben Gültigkeit hat. Die Tatsache, dass die Wahrnehmungen und Bilder, die wir von Materie haben, vollkommen dem Willen und der Schöpfung Allahs unterliegen und dass es außer ihnen keine Existenz in der externen Welt gibt, wird in der folgenden Strophe beschrieben:
Für euch gab es bereits ein Zeichen, als zwei Gruppen aufeinander stießen: Eine Gruppe kämpfte auf Allahs Weg, die andere war ungläubig. Die letzteren sahen sie mit eigenen Augen als doppelt soviel als sie selber. Und Allah stärkt mit Seiner Hilfe, wen Er will. Siehe, hierin ist wahrlich eine Lehre für die Verständigen.(Sure 3:13 – Al-'Imran)
Ebenso wie beim Träumen sind die Dinge, die wir im Verlauf des täglichem Lebens erfahren und von denen wir denken, dass sie materielle Bezugsobjekte in der Außenwelt haben, lediglich Bilder, die Allah auf unsere Seelen projiziert, zusammen mit den Gefühlen, die Er uns gleichzeitig spüren lässt. Geschehnisse und Handlungen, die zu unseren Körpern oder anderen Dingen dieser Welt gehören, existieren, weil Allah die entsprechenden Bilder und Wahrnehmungen schafft. Diese Tatsache wird im Quran erwähnt:
Nicht ihr erschlugt sie, sondern Allah erschlug sie. Und nicht du warfst, als du warfst, sondern Allah warf. Er wollte die Gläubigen einer schönen Prüfung durch Sich unterziehen. Siehe, Allah ist hörend und wissend. (Sure 8:17 – al-Anfal)
Das gleiche göttliche Gesetz gilt für die Schöpfung des Jenseits und die dazugehörigen Bilder und Wahrnehmungen. Wenn der Tod eintritt, werden alle Verbindungen der Seele mit dieser Welt und diesem Körper abgebrochen. Die Seele aber ist ewig, weil Allah ihr "von Seinem Geist einatmete". Alles bezüglich des Lebens, des Todes, der Wiederbelebung und dem Leben im Jenseits besteht rein aus Wahrnehmungen, die von der ewigen Seele empfangen werden. Darum gibt es logischerweise keinen großen Unterschied zwischen der Schöpfung dieser Welt und der des Paradieses oder der Hölle. Ähnlich ist der Übergang von dieser Welt ins Jenseits nichts anderes als das Aufwachen nach einem Schlaf und das Fortfahren mit dem "wirklichen Leben".
Mit der Auferstehung beginnt ein neues Leben im Jenseits mit einem neuen Körper. Sobald die Wahrnehmungen, die zum Paradies oder zur Hölle gehören, auf die Seele projiziert werden, beginnt das Individuum, sie zu spüren. Allah, der Schöpfer von unendlichen Bildern, Stimmen, Gerüchen, Geschmäcken und Gefühlen, welche zu diesem Leben gehören, wird in gleicher Weise unendliche Bilder und Gefühle bezüglich des Paradieses und der Hölle erschaffen. Die Schöpfung all dessen ist für Allah leicht:
...wenn Er eine Sache beschließt, spricht Er nur zu ihr: "Sei!" und sie ist. (Sure 2:117 – al-Baqara)
Eine weitere bemerkenswerte Tatsache ist, dass, ebenso wie das Leben in dieser Welt im Vergleich zu Träumen schärfer und deutlicher erscheint, auch das Jenseits verglichen mit dem Leben in dieser Welt weitaus intensiver ist. Ebenso wie Träume verglichen mit diesem Leben kurz sind, so ist auch dieses Leben im Vergleich zum Jenseits äußerst kurz. Zeit ist bekanntlich nicht statisch, wie früher angenommen wurde, sondern eine relative Vorstellung. Dies ist eine Tatsache, die von der heutigen Wissenschaft bestätigt wird. Beim Träumen scheint ein Ereignis stundenlang zu dauern, während der Traum selbst nur einige Sekunden dauert. Selbst der längste Traum hat nur eine Dauer von maximal einer Minute. Trotzdem nimmt der Träumende an, dass er Stunden oder Tage erlebt. Der Quran gibt Hinweise auf die Relativität der Zeit:
Die Engel und der Geist steigen zu Ihm empor während eines Tages, der fünfzigtausend Jahre dauert. (Sure 70:4 – al-Ma'aridsch)
Er lenkt alle Dinge - vom Himmel bis zur Erde. Zu guter Letzt steigt alles zu Ihm empor an einem Tage, dessen Maß tausend Jahre von denen sind, die ihr zählt. (Sure 32:5 – al-Sadschda)
Ähnlich verbringt eine Person, die viele Jahre in dieser Welt lebt, nur ein unvorstellbar kurzes Leben im Vergleich mit dem Zeitkonzept des Jenseits. Die folgende Unterhaltung während der Beurteilung im Jenseits gibt diesbezüglich ein gutes Beispiel:
Er wird fragen: "Wie viele Jahre wart ihr auf Erden?" Sie werden sagen: "Wir waren wohl einen Tag oder nur den Teil eines Tages dort. Frag die, welche rechnen können." Er wird sprechen: "Ihr wart nur ganz kurz da, wenn ihr es nur wüsstet. Meint ihr etwa, Wir hätten euch zu Spiel und Zeitvertreib erschaffen und dass ihr nicht zu Uns zurückkehren müsst?" (Sure 23:112-115 – al-Mu'minun)
Es ist daher offensichtlich, dass das Riskieren seines ewigen Lebens aufgrund dieses vorübergehenden weltlichen Lebens eine unkluge Wahl wäre. Dies wird noch deutlicher, wenn man die Kürze des weltlichen Lebens im Vergleich zum Jenseits betrachtet.
Zusammengefasst kann man also sagen, dass die Dinge, die wir Materie nennen und von denen wir glauben, dass sie eine externe Existenz haben, nichts als Empfindungen sind, die von Allah auf die Seele des Menschen projiziert werden. Ein Mensch glaubt, dass sein Körper ihm gehört. Doch auch der Körper ist nichts als ein Bild, das Allah auf die Seele des Menschen projiziert. Allah verändert die Bilder, wann er es wünscht. Wenn das Bild des Körpers plötzlich verschwindet, und die Seele beginnt, neue Illusionen wahrzunehmen, in anderen Worten, wenn man stirbt, wird der Schleier über den Augen entfernt und man erkennt, dass der Tod kein Verschwinden ist, wie man angenommen hatte. Dies wird im Quran folgendermaßen beschrieben:
Und mit dem Todeskampf kommt die Wahrheit: "Das ist es, dem du stets entrinnen wolltest!" Und es wird in die Posaune gestoßen - das ist der angedrohte Tag! Und jede Seele wird mit einem Treiber und einem Zeugen kommen. "Du warst dessen völlig achtlos. Wir zogen deinen Schleier jetzt weg von dir, und heute ist dein Blick scharf." (Sure 50:19-22 – Qaf)
Ungläubige erlangen dadurch eine Erkenntnis der Wahrheit:
Sie werden rufen: "Wehe uns! Wer hat uns aus unserem Schlaf geweckt? Das ist es, was der Erbarmer vorausgesagt hatte, und die Gesandten hatten doch die Wahrheit gesprochen!" (Sure 36:52 – Ya Sin)
Von da an beginnt der Ungläubige, Reue – die größte Reue, die man sich vorstellen kann – zu empfinden.