Ruft eueren Herrn in Demut und im Verborgenen an. Siehe, Er liebt die Maßlosen nicht. Und stiftet auf Erden kein Verderben, nachdem in ihr Ordnung herrscht. Und ruft Ihn an in Furcht und Verlangen. Siehe, Gottes Barmherzigkeit ist denen Nähe, die Gutes tun
(Sure al-A'raf, 55-56)
Vergesst nicht, dass Gott euer Herr ist, ebenso wie Er der Herr aller Menschen ist, dass Gott der größte Freund und Unterstützer eueres Lebens ist und dass ihr zuerst alles von Gott erbitten sollt.
Das Gebet ist eine der wichtigsten Andachtsübungen, die den Menschen Gott in ehrlicher Weise näherbringt. Alle Menschen benötigen das Gebet, das untrennbar und natürlich mit dem Leben der Gläubigen verbunden ist; für andere Menschen ist das Gebet ein Weg der Rettung, an den sie sich erinnern, wenn sie in großen Schwierigkeiten stecken und sich Lebensgefahr gegenübersehen. Ein Gebet, das lediglich aufgrund eines persönlichen Interesses ausgesprochen wird, braucht nicht unbedingt Gehör bei Gott finden. Denn die eigentliche Schönheit liegt ja darin, zu jeder Zeit Hilfe von Gott zu erbitten, also sowohl wenn man in Schwierigkeiten steckt, als auch in der Zeit der Entspannung. Denn eine betende Person hat verstanden, dass sie schwach Unserem Herrn gegenüber ist und ihre Kraft nur dann etwas erreicht, wenn es von Gott erbeten wird.
Mit dem Gebet geht auch das Sich-Überliefern an Gott einher. Ein betender Mensch hat also bei problematischen wie auch angenehmen Ereignissen Gott zu seinem Anwalt bestimmt, den Schöpfer des Universums und dessen Herrscher. Für den Gläubigen ist es eine Quelle des Vertrauens, wenn er weiß, dass er sich beim Lösen oder Abwenden eines Problems auf Gott, den Besitzer von jeglicher Allmacht im Universum stützen kann, wenn er Gott bei allen Tätigkeiten zu seinem Anwalt macht und nur zu Ihm betet.
Doch muss an dieser Stelle auf ein Mißverständnis eingegangen werden. Denn betet man bei allen Tätigkeiten zu Gott, so ist das nicht gleichbedeutend mit tatenlosem Sitzen und Abwarten. Der Mensch muss wissen, dass alles, was geschieht unter der Kontrolle von Gott steht und er infolgedessen beruhigt leben kann; gleichzeitig jedoch muss er die Lösungswege in bester Weise befolgen, die Gott ihm zeigte. Betet eine Person wirklich aufrichtig zu Gott, dann muss sie auch das tatkräftige Gebet ausführen um Seinen Regeln zu befolgen. Das tatkräftige Gebet bedeutet hier, all das zu tun und noch viel mehr, was erforderlich ist, damit ein jeglicher Wunsch dieser Person in Erfüllung geht. So ist es zum Beispiel ein tatkräftiges Gebet, wenn ein Kranker zum Arzt geht, Medikamente einnimmt und zur Genesung seine Gesundheit schont. Gleichzeitig wünscht der Kranke in einem wörtlichen Gebet Genesung von Gott. Tatkräftiges Gebet und wörtliches Gebet sind also die grundlegenden und erforderlichen Andachtsübungen.
Vergesst nicht, dass euer Gebet aufrichtig ist und sich, von einem inneren Bedürfnis getragen, an Gott richtet. Denn Gott ist dem Menschen näher als seine Halsschlagader, Er weiß und hört alles. Ein Gebet ist auch der einfachste Weg, sich an Gott zu wenden. Denn auch nur ein einziger Gedanke im Menschen bleibt nicht verborgen. Doch die meisten Menschen sind nicht bewußt, dass Gott der Zeuge aller Gebete und Wünsch ist. Sie glauben, dass Gott beim Gebet nur manches hört, anders nicht hört, oder - wenn Er es hört - keine Antwort gibt. Dieser Gedanke ist jedoch völlig falsch. Gott ist Zeuge eines jeden Gedankens im Menschen, eines jeden Wunsches, den dieser ausspricht und Er beantworte diese. Im Quran wurde diese Tatsache folgendermaßen ausgedrückt:
Und wenn dich Meine Diener nach Mir fragen, siehe, Ich bin Nähe. Ich will dem Ruf des Rufenden antworten, sobald er Mich ruft. Doch auch sie sollen Meinen Ruf hören und an Mich glauben; vielleicht schlagen sie den rechten Weg ein. (Sure al-Baqara, 186)
Vergesst also nicht, dass nur denken für den Menschen bereits ausreicht, um einen Wunsch an Gott zu richten. So einfach ist es also Gott zu erreichen, Unseren Herrn.
Der Mensch ist seiner Schöpfung entsprechend ein ungeduldiges Wesen. Aus diesem Grund teilte Gott im Quran dem Menschen diese seine spezielle Seite mit „Der Mensch ist ein ungeduldiges Geschöpf. Wahrlich, Ich werde euch Meine Zeichen noch zeigen, aber lasst sie Mich nicht beschleunigen.“ (Sure al-Anbiya, 37) Die Ungeduld des Menschen kann sich manchmal auch in den Gebeten niederschlagen. Wie wir oben mitteilten, möchte der Mensch eben gerne sofort eine Antwort auf sein Gebet.
Doch ihr müsst auch wissen, dass es Gott ist, der weiß, was für euch am besten ist. Hiervon berichtet Er den Menschen in einem Vers: „... Aber vielleicht verabscheut ihr etwas, das gut für euch ist. Und vielleicht liebt ihr etwas, das schlecht für euch ist. Gott weiß, ihr aber wisst (es) nicht.“ (Sure al-Baqara, 216) Wenn der Mensch sich also etwas von Gott wünscht, muss er es Ihm überlassen und geduldig und unter allen Bedingungen zufrieden warten. Vielleicht seid ihr nicht glücklich, wenn ihr euch etwas im Gebet gewünscht habt und Gott es euch nicht gibt. Vielleicht ist es auch notwendig, dass ihr eine gewisse Reife benötigt um dieses Glück zu erreichen und ihr deshalb eine Weile ausgebildet werden müsst. Aber vielleicht verleiht euch Gott eine andere Wohltat, die noch mehr Glückseligkeit enthält, und Er möchte euere Geduld und Treue auf die Probe stellen. In der Baqara Sure teilte Gott folgendermaßen mit, dass man im Gebet Geduld braucht:
Und nehmt euere Zuflucht zur Geduld und zum Gebet. Siehe, dies ist fürwahr schwer, außer für die Demütigen (Sure al-Baqara, 45)
Vergesst nicht, dass Geduld im Gebet den Gläubigen reifen läßt und er so seinen Willen und Charakter stärkt. Als Gegenleistung auf das Gebet nimmt er einen tiefen vergeistigten Zustand ein, der wertvoller ist, als die meisten der Wünsche.
Menschen jedoch, die Gott nicht in der erforderlichen Weise würdigen, zweifeln daran, dass Er die Gebete beantwortet. Ein Gläubiger dagegen weiß, dass Gott ihm beim Beten zuhört und jedes Gebet in welcher Weise auch immer annimmt. Denn die Ereignisse geschehen nicht unabhängig und zufällig, der Gläubige ist sich bewußt, dass diese sich entsprechend einer, von Gott festgelegten Vorherbestimmung entwickeln. Aus diesem Grund zweifelt er auch nicht daran, dass sein Gebet unbeantwortet bleibt. Vergesst nicht, Beten an Unseren Herrn befreit von Zweifeln über die Hilfe Gottes; vertraut im Glauben an die Entsprechung des Gebetes in jedem Fall auf Gott. Denn Gott möchte, dass Seine Diener Ihm nahe sind. Für Gott, der euch nur aus einem Tropfen Wasser und das Universum aus dem Nichts erschuf, ist es ein Leichtes, euerem Gebet zu entsprechen. Alles was ihr machen müsst, ist im Glauben und mit Geduld zu wollen.
Die Besonderheit des Gebetes besteht darin, dass sie eine besondere Verbindung zwischen Gott und Seinem Diener herstellt. Der Mensch legt sein ganzes Leid und alle seine Wünsche vor Gott dar, er bittet Ihn inständig; Gott ist derjenige, Der das Gebet erhört und dieses annimmt. Aus diesem Grund zwang der Quran dem Gebet auch keine Form auf. Der Vers „... gedenkt Gottes, sei es stehend, sitzend oder liegend...“ (Sure an-Nisa, 103) zeigt, dass der Mensch in jeder Situation und unter jeder Bedingung und ohne eine bestimmte physische Bewegung auszuführen sich an Gott erinnern und zu Ihm beten kann. Denn wichtig ist nicht die Form, sondern die Aufrichtigkeit der Person...
Es gibt auch keinen bestimmten Ort für das Gebet. Vergesst nicht, dass ihr überall beten könnt, zum Beispiel beim Einkaufen, auf der Straße, im Auto, in der Schule und am Arbeitsplatz. Wichtig ist allein, dass ihr eueren Verstand von allen leeren Gedanken reinigt und euere Nähe zu Gott fühlt.
Vergesst nicht, dass ein Leben ohne Gebet wertlos vor Gott ist. In der Sure al-Furqan im 77. Vers werden die Menschen mit folgenden Worten gewarnt: Sprich: ... "Mein Herr kümmert sich nicht um euch, solange ihr Ihn nicht anruft..." Solange sich der Mensch seiner Dienerschaft bewußt ist, kann er vor Gott an Wert gewinnen. Deshalb ist es notwendig, dass er sich zu Gott hinwendet, seine Fehler vor Gott eingesteht und nur von Gott Hilfe erwartet. Jede andere Verhaltensweise dagegen bedeutet, sich Gott gegenüber wichtig zu machen; im Quran teilt Gott mit, dass die Strafe hierfür die endlose Hölle ist.
Vergesst niemals, dass Gott der Barmherzigste aller Barmherzigen ist. Gott sagt im Quran, dass Er demjenigen verzeiht, ohne dessen Sünde besonders zu betrachten, der von Ihm Vergebung für einen begangenen Fehler bittet (Sure an-Nisa, 110). Deshalb solltet auch ihr beim Beten an die beschützenden und verzeihenden Eigenschaften Gottes denken und in Hoffnung an Ihn beten.
Auch wenn bei einem Fehler, den ihr gemacht habt, euere Gewissensqual noch so groß, so gibt es doch niemals einen Grund, die Hoffnung auf die Vergebung Gottes aufzugeben. Parallel dazu soll aber der seelische Zustand, in dem sich ein Mensch befindet, der einen Fehler oder eine Sünde begangen hat, diesen nicht daran hindern, in Hoffnung zu beten. Denn der Quran spricht davon, dass nur die Ungläubigen die Hoffnung auf das Erbarmen Gottes aufgegeben haben:
... Und verzweifelt nicht an Gottes Erbarmen. Siehe, an Gottes Erbarmen verzweifeln nur die Ungläubigen." (Yusuf Sure, 87)
Auf der anderen Seite sollt ihr aber auch nicht vergessen, dass es für niemanden eine Garantie gibt, „für das Paradies bestimmt“ zu sein. Niemand kann vor der Bestrafung Gottes sicher sein. Aus diesem Grund muss der Mensch im Gebet einerseits die Barmherzigkeit Gottes erhoffen, muss aber andererseits auch fürchten, Seinen Wohlgefallen zu verlieren. Wie intensiv er auch um das Erreichen des Paradieses betet, so intensiv muss er um Rettung vor der Hölle beten. Das heißt also, er muss sich vor der Hölle fürchten um Hoffnung auf Erreichen des Paradieses zu haben. Eine Person, die die Größe Gottes fühlt, sich vor Dessen Strafe fürchtet und Dessen Wohlgefallen gewinnen möchte, wendet sich mit einem, von Herzen kommenden, aufrichtigen und wahren Ausdruck an Gott. In gleicher Weise eröffnet eine Person, die sich Gott überliefert und auf Ihn als Freund und Helfer vertraut, jegliche Bedrängnis und allen Leid vor Unserem Herrn. Ebenso wie Seine Heiligkeit Yakub sprach ... "Siehe, ich trage meinen Kummer und Gram nur zu Gott, und ich weiß von Gott, was ihr nicht wisst. (Sure Yusuf, 86), berichtet er Gott von allen Bedrängnissen und Wünschen und bittet um jegliche Hilfe und um Gutes.
Doch vergesst nicht, dass Gebete, die sich nur auf weltliche Güter beziehen, eine große Unaufrichtigkeit gegenüber Gott sind. Das eigentliche Ziel der Gläubigen ist das Paradies. Gott gibt denjenigen die Welt, die nur die Welt wollen, doch können diese Personen ihre Erwartungen im Jenseits nicht erfüllt sehen. In einem Vers berichtet Gott folgendermaßen davon:
... Unter den Leuten sagen einige lediglich: "Unser Herr, gib uns Gutes in dieser Welt!" Sie sollen am Jenseits keinen Teil haben. Andere unter ihnen sprechen: "Unser Herr, gib uns im Diesseits Gutes und im Jenseits Gutes und hüte uns vor der Strafe des Feuers." Diese sollen ihren Anteil haben, ihrem Verdienst entsprechend, und Gott ist schnell im Rechnen. (Sure al-Baqara, 200-202)
Eine der herausragenden Besonderheiten der Menschen ist, dass sie in einer Situation voller Bedrängnis alles zur Seite legen und zu Gott beten und, wenn die Bedrängnis vorüber ist, Gott vergessen, als hätten sie nie gebetet. Sie betrachten Gott also als die „letzte Möglichkeit“. Im Quran wird dieses undankbare Verhalten folgendermaßen geschildert:
Aber wenn dem Menschen ein Unglück widerfährt, ruft er Uns an, liegend, sitzend oder stehend. Haben Wir aber sein Unglück von ihm fortgenommen, macht er weiter, als hätte er Uns gegen das Unheil, das ihm widerfahren war, gar nicht angerufen. So wird den Maßlosen ihr Verhalten scheinbar verlockend gemacht. (Sure Yunus, 12)
Er ist es, der euch zu Land und See reisen lässt. Wenn ihr auf den Schiffen seid und sie mit ihnen bei gutem Wind dahineilen und sich dessen freuen, erfasst sie plötzlich ein Sturmwind, und Wogen überdecken sie von allen Seiten, so dass sie glauben, rings umschlossen zu sein. Da rufen sie Gott in lauterem Glauben: "Wahrlich, wenn Du uns hieraus errettest, sind wir Dir gewiss dankbar!" Wenn Wir sie jedoch gerettet haben, üben sie auf Erden wieder Gewalt aus, ohne jede Rechtfertigung. O ihr Menschen! Euere Gewalttätigkeit richtet sich doch nur gegen euch selbst. Ihr genießt das irdische Leben ja nur im Nießbrauch. Dann ist euere Heimkehr zu Uns, und Wir werden euch eröffnen, was ihr getan habt. (Sure Yunus, 22-23)
Im Leben des Menschen gibt es keinen Augenblick, in dem er nicht Gott benötigt. Vergesst deshalb nicht zu beten, wie es Gott in einem Vers ausdrückte „Und gedenke deines Herrn in deinem Herzen in Demut und Furcht und ohne laufe Worte, am Abend wie am Morgen. Und sei keiner der Achtlosen.“ (Sure al-A'raf, 205). Auch sollt ihr nicht vergessen, dass die unendlichen Höllenqualen das Ende derjenigen sind, die nicht zu Gott beten. In einem Vers wird von dieser Tatsache folgendermaßen berichtet:
Und jene, welche spenden, was immer sie spenden, mit zagendem Herzen, im Gedanken daran, dass sie zu ihrem Herrn zurückkehren werden (Sure al-Mu'minun, 60)