Bis zu diesem Kapitel wurde erklärt, dass wir das Original der Materie nie erreichen können, und dass jeder Mensch nur Kopiebildern in seinem Gehirn betrachtet. Es wurde auch erwähnt, wie wichtig es ist, diese außerordentliche Tatsache zu verstehen und sie verbreiten, damit die Liebe zu Allah und die Gottesfurcht zunehmen, damit moralische Werte sich verbreiten und der Materialismus widerlegt werden kann.
Ein anderer Begriff, den die Materialisten wie die Materie als ewig und absolut annehmen, ist die Zeit. Aber wie die Materie, ist die Zeit auch eine Wahrnehmung und sie ist nicht ewig. Es gibt einen Moment, an dem die Zeit erschaffen wurde. Diese Tatsache, die heute wissenschaftlich bewiesen ist, wurde auch in einigen Versen des Quran berichtet.
Wir denken, dass es zwischen dem Moment, in dem das Telefon klingelt und in dem wir die Stimme eines Freunds hören, eine Zeitspanne gibt, und wir nennen dieses Intervall "Zeit". Die Zeit ist eine Wahrnehmung, die durch den Vergleich entsteht, der zwischen einem gegenwärtigen Moment und einem Moment in unserem Gedächtnis angestellt wird. | Die Zeit ist ein Konzept, welches davon abhängt, dass wir Ereignisse miteinander vergleichen, die wir erleben. Zum Beispiel betritt jemand einen Raum ein. Später sieht er einen Füller auf dem Fußboden und beugt sich, um ihn aufzuheben. Dann nimmt er den Füller und legt ihn auf einen Tisch. Diese Person stellt einen Vergleich zwischen allen diesen Handlungen an. Sie denkt, dass es eine Zeitspanne zwischen jeder Handlung gibt und auf diese Weise entsteht die Wahrnehmung der Zeit. | ||
Die Zeit ist ein Konzept, das vollständig von unseren Wahrnehmungen und von dem Vergleich abhängig ist, den wir zwischen unseren Wahrnehmungen machen. Dies kann anhand eines Beispiels erklärt werden: In diesem Moment lesen Sie dieses Buch. Nehmen Sie an, dass Sie in der Küche etwas aßen, bevor Sie begannen, dieses Buch zu lesen. Normalerweise denken Sie, dass es eine Periode zwischen "der Zeit", als Sie in der Küche aßen und "diesem Moment" gibt, und Sie nennen diese Periode "Zeit". Tatsächlich ist der "Moment", in dem Sie in der Küche aßen, eine Information in Ihrem Gedächtnis. Man hat die Zeitempfindung, indem man den Moment, den man erlebt, mit einem Moment vergleicht, der im Gedächtnis gespeichert ist. Wenn dieser Vergleich nicht angestellt wird, gibt es auch keine Zeitempfindung.
Die Vergangenheit einer Person besteht aus den Informationen, die in ihrem Gedächtnis gespeichert sind. Wenn sie kein Gedächtnis besäße, würde sie nicht an das Vorhandensein der vorhergehenden Zeitspanne denken. Die Zukunft esteht aus Gedanken. Ohne diese Gedanken würde sie nur den "Augenblick" den sie gerade erlebt, erfahren. | ||
Die Graduationszeremonie eines Menschen zum Beispiel ist eine Information in seinem Gedächtnis. Indem er die anderen Informationen in seinem Gedächtnis seit seiner Graduation mit dem gegenwärtigen Moment vergleicht, erhält er die Wahrnehmung der Zeit, und entsprechend diesen Informationen in seinem Gedächtnis bestimmt er die Länge oder Kürze dieser Zeit. Doch diese Empfindung der Länge oder Kürze entsteht vollkommen in seinem Gehirn und entstammt diesem Vergleich.
Ebenso macht man einen Vergleich, wenn man jemanden beobachtet, der sich bückt, um einen Füller aufzuheben, der auf den Boden gefallen ist und ihn dann auf den Tisch legt. Bis zu dem Zeitpunkt an dem die Person den Füller auf den Tisch legt, wurden die Bilder des Sich-Beugens, des Aufhebens des Füllers vom Boden, des Gehens dieser Person zum Tisch und schließlich des Legens des Füllers auf den Tisch als Informationen im Gehirn zusammengestellt. Die Wahrnehmung der Zeit findet statt, wenn man die den Füller auf den Tisch legende Person mit jenen Informationen vergleicht.
Der berühmte Physiker Julian Barbour definiert die Zeit folgendermaßen:
Die Zeit ist nichts anderes als ein Maß der sich ändernden Positionen von Objekten. Ein Pendel schwingt, die Zeiger auf einer Uhr rücken vor. 39
Zeit entsteht als Ergebnis des Vergleichs zwischen mehreren Eindrücken, die im Gehirn gespeichert sind. Wenn der Mensch kein Gedächtnis hätte, könnte das Gehirn keine solchen Interpretationen machen und somit könnte er auch keine Zeitempfindung haben.
Heute ist wissenschaftlich anerkannt, dass die Zeit ein Konzept ist, das entsteht, wenn wir Bilder von Bewegungen und Ortsveränderungen von Objekten sequentiell anordnen. Um das Konzept verständlicher zu machen, seien hier die Erklärungen verschiedener Wissenschaftler und Denker zu diesem Thema aufgeführt.
Der Physiker Julian Barbour sorgte in der wissenschaftlichen Welt mit seinem Buch The End of Time (Das Ende der Zeit), in welchem er sich Gedanken über die Zeitlosigkeit und die Ewigkeit machte, für großes Aufsehen. Er wies darauf hin, dass die Idee, Zeit sei eine Wahrnehmung, für viele Menschen eine unannehmbare Tatsache ist. In einem Interview mit Barbour, das in der Zeitschrift Discover veröffentlicht wurde, wurden folgende Kommentare darüber abgegeben, dass die Zeit eine Wahrnehmung ist:
"Ich habe noch Mühe, sie anzunehmen" sagt er (Barbour). Aber gesunder Menschenverstand ist nie ein zuverlässiger Führer gewesen, um das Universum zu verstehen - Physiker haben unsere Wahrnehmungen verwirrt, seit Kopernikus zum ersten Mal geäußert hatte, dass die Sonne sich nicht um die Erde dreht. Dennoch fühlen wir nicht die geringfügigste Bewegung, während die Erde sich in der Leere des Raumes mit einer Geschwindigkeit von ca. 67.000 Meilen pro Stunde fortbewegt. Unsere Empfindung des Zeitflusses, argumentiert Barbour, ist genau so verschroben wie der Aberglaube der Flacherdler (Flat Earth Society).40
Wie wir sehen, macht dieser berühmte Physiker darauf aufmerksam, dass unsere Gedanken über die Absolutheit der Zeit falsch sind. Die Forschungen der modernen Physik habe diese Tatsache bestätigt. Die Zeit ist nicht absolut; sie ist ein relativistisches Konzept, das entsprechend den Ereignissen unterschiedlich wahrgenommen wird.
| In a World Where Time Flew Backwards, Past Would Be Future Da jedes Ereignis uns in einer definitiven Serie gezeigt wird, denken wir, dass die Zeit immer vorwärts läuft. Ein Skifahrer fährt immer den Berg hinunter, nicht hinauf. Ein Wassertropfen erhebt sich nicht aus einem Pool, sondern fällt immer in ihn hinein. Die Position des Skifahrers auf dem Berg ist die Vergangenheit, während seine Position den Berg hinunter die Zukunft ist. Jedoch wenn die Informationen in unserem Gedächtnis uns in umgekehrter Reihenfolge angezeigt würden, so würde was für uns die Zukunft ist, Vergangenheit sein und die Vergangenheit die Zukunft. | ||
Der berühmte Intellektuelle, Nobelpreisträger und Professor der Genetik François Jakob, erklärt in seinem Buch "Spiel des Möglichen" [Le Jeu des Possibles] zum Thema der rückwärts fließenden Zeit Folgendes:
Filme, die rückwärtslaufend gezeigt werden, ermöglichen es, uns eine Welt vorzustellen, in der die Zeit rückläufig ist. Eine Welt, in der die Milch sich vom Kaffee trennt und aus der Tasse ins Milchkrügchen springt; eine Welt, in der Lichtstrahlen von Wänden ausgestrahlt werden, um in einer Falle (Gravitätszentrum) gesammelt zu werden, anstatt von einer Lichtquelle auszuströmen; eine Welt, in der ein Stein in erstaunlichem Zusammenspiel mit unzähligen Wassertropfen aus dem Wasser springt und in ansteigender Flugbahn in der Hand des Menschen landet. In solch einer Welt jedoch, in der die Zeit solche entgegengesetzten Eigenschaften besäße, würden auch die Vorgänge in unserem Gehirn und die Art und Weise, in der unser Gedächtnis Information zusammenstellt, in gleicher Weise rückläufig funktionieren. Das Gleiche träfe auf die Vergangenheit und die Zukunft zu, und die Welt würde uns genauso erscheinen, wie sie uns gegenwärtig erscheint.41
Weil unser Gehirn an eine bestimmte Ablauffolge von Ereignissen gewöhnt ist, verläuft die Welt nicht wie oben beschrieben und wir nehmen an, die Zeit bewegt sich stets vorwärts. Dies jedoch ist eine Entscheidung, die im Gehirn gemacht wird, und ist daher völlig relativ. Wenn die Informationen in unseren Gehirnen wie ein Film angeordnet würden, der rückwärts projiziert wird, würden wir beginnen, wahrzunehmen, dass die Vergangenheit die Zukunft ist und die Zukunft die Vergangenheit.
In Wirklichkeit wissen wir nicht, wie die Zeit läuft oder ob sie überhaupt vergeht oder nicht. Dies ist ein Hinweis auf die Tatsache, dass die Zeit nicht absolut, sondern nur eine Wahrnehmung ist.
Die Relativität der Zeit ist eine Tatsache, die auch vom größten Physiker des 20. Jahrhunderts., Albert Einstein bestätigt wurde. In seinem Buch "Einstein und das Universum" (The Universe and Dr. Einstein) schrieb Lincoln Barnett Folgendes:
Zusammen mit absolutem Raum hat Einstein auch das Konzept der absoluten Zeit – als einen unveränderlichen, unhaltbaren universellen Zeit-fluss der aus unendlicher Vergangenheit in unendliche Zukunft läuft – abgelehnt. Ein Großteil der die Relativitätstheorie umgebenden Undurchsichtigkeit rührt daher, dass der Mensch sich sträubt, zu erkennen, dass Zeitempfindung, ebenso wie Farbempfindung, eine Form der Wahrnehmung ist. Ebenso wie der Raum nur eine mögliche Anordnung von materiellen Objekten ist, so ist die Zeit nur eine mögliche Anordnung von Ereignissen. Die Subjektivität der Zeit, wird am besten durch Einsteins eigene Worte erklärt: "Die Erfahrungen eines Individuums erscheinen uns als eine angeordnete Folge von Geschehnissen. In dieser Folge erscheinen die einzelnen Ereignisse, an die wir uns erinnern, entsprechend den Kriterien "vorher" und "nachher" angeordnet zu sein. Es gibt daher für das Individuum eine Ich-Zeit, oder subjektive Zeit. Diese ist als solche nicht messbar. Ich kann natürlich den Ereignissen Zahlen in der Weise zuordnen, dass die größere Zahl dem früheren Ereignis zugehörig ist, anstatt dem späteren".42
Aus diesen Worten von Einstein können wir ersehen, dass die Idee der vorwärts fließenden Zeit nichts als ein bedingter Reflex ist.
Einstein selbst wies darauf hin, wie Barnett in seinem Buch zitiert: "Raum und Zeit sind Formen der Intuition, die in keiner Weise mehr vom Bewusstsein getrennt werden können als unsere Konzepte von Farben, Form und Größe". Entsprechend der allgemeinen Relativitätstheorie hat "Zeit keine unabhängige Existenz, anders als die Anordnung der Ereignisse, durch die wir sie messen." 43
Da die Zeit aus Wahrnehmungen besteht, hängt sie gänzlich vom wahrnehmenden Subjekt ab, und ist somit relativ.
Die Relativität der Zeit erlebt man sehr deutlich im Traum. Obwohl das, was wir im Traum sehen, scheinbar Stunden gedauert hat, währte es tatsächlich nur ein paar Minuten oder sogar nur ein paar Sekunden.
Um die Sache klarer verständlich zu machen, stellen wir uns vor, wir verbrächten eine bestimmte Zeit in einem speziell vorbereiteten Zimmer, welches nur ein Fenster hat. In dem Zimmer mag auch eine Uhr sein, damit wir die verbrachte Zeit verfolgen können. Während dieser Zeit können wir durch das Fenster beobachten, wie die Sonne in bestimmten Abständen auf- und untergeht. Wenn wir nach ein paar Tagen gefragt würden, wie lange wir dort geweilt haben, würde unsere Antwort auf der Information beruhen, die wir aus den Blicken auf die Uhr gewonnen haben und aus der Berechnung der Sonnenauf- und Untergänge. Angenommen, wir hätten berechnet, dort drei Tage verbracht zu haben. Wenn jedoch der Versuchsleiter, der uns in dieses Zimmer gebracht hat, sagen würde, dass wir tatsächlich nur zwei Tage in diesem Zimmer verbracht haben, dass die Sonnenauf- und Untergänge künstlich von einem Simulator erzeugt worden waren, und dass die Uhr schneller eingestellt worden war, dann wären all unsere Berechnungen bedeutungslos.
Dieses Beispiel bestätigt, dass unsere Information über die Geschwindigkeit des Zeitablaufs, nur auf relativen Referenzen beruht.
Das ist ein Beispiel dafür, dass die Menschen unter unterschiedlichen Bedingungen dieselbe Zeitspanne länger oder kürzer wahrnehmen. Beispielsweise, für einen Menschen, der vor dem Operationssaal darauf wartet, dass eine Operation, die an seinem Bruder durchgeführt wird, zuende geht, scheint eine einzige Stunde aus mehreren Stunden zu bestehen. Doch wenn derselbe Mensch etwas tut, an dem er Vergnügen findet, kann er nicht verstehen, wie die Zeit so schnell vergehen konnte.
| Eine Zwillingsschwester wird mit annähernder Lichtgeschwindigkeit auf eine Weltraumreise geschickt. Wenn sie nach 30 Jahren zurückkommt, wird die Schwester, die auf der Erde geblieben ist, älter als ihr Zwilling sein. 1. 30 Jahre Vorher | ||
Die Relativität der Zeit ist eine durch wissenschaftliche Methodologie bewiesene Tatsache. Die allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein besagt, dass die Geschwindigkeit der Zeit sich entsprechend der Geschwindigkeit eines Körpers, auf den sie bezogen ist und seiner Entfernung zum Gravitationszentrum ändert. Je mehr sich die Geschwindigkeit des Objekts erhöht, um so mehr wird die Zeit gekürzt und zusammengedrängt und verlangsamt sich bis zu einem Punkt, an dem sie zum "Stillstand" kommt.
Dies sei anhand eines von Albert Einstein selbst geprägten Beispiels erklärt. Man stelle sich Zwillinge vor, von denen einer auf der Erde bleibt und der andere mit annähernd Lichtgeschwindigkeit auf eine Weltraumreise geschickt wird. Wenn dieser von seiner Weltraumreise zurückkehrt, wird er seinen Zwillingsbruder wesentlich mehr gealtert vorfinden als sich selbst. Der Grund dafür ist, dass die Zeit für jemanden, der sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, viel langsamer abläuft. Wenn man das gleiche Beispiel auf einen Vater anwendet, der sich im Alter von 27 Jahren auf eine Weltraumreise begibt und einen 3-jährigen Sohn auf der Erde zurücklässt, wäre der Vater bei seiner Rückkehr nach 30 Jahren (Erdenzeit) erst 30, wohingegen der Sohn 33 Jahre alt wäre.44
Es sollte hier darauf hingewiesen werden, dass diese Relativität der Zeit nicht etwa durch die Beschleunigung oder Verlangsamung von Uhrwerken oder sonstigen mechanischen Systemen verursacht wird. Sie ist vielmehr das Ergebnis unterschiedlicher Geschwindigkeiten in den materiellen Systemen bis hin zu den subatomaren Teilchen. Die Zeitstauung ist nicht wie die Aktion in einem Zeitlupenfilm für die Person, die sie erlebt. In einer derartigen Situation würden der Herzschlag, der Metabolismus, die Gehirnfunktionen usw. alle langsamer vor sich gehen als bei den Menschen, die sich in der Dimension der Erdenzeit bewegen. Solch eine Person würde in ihrem täglichen Leben fortfahren, ohne die Zeitverkürzung zu bemerken. In der Tat, die Kürzung würde überhaupt nicht in Erscheinung treten, solange kein Vergleich angestellt würde.
Die Folgerung, die wir aus den Forschungsergebnissen der modernen Wissenschaft ziehen können, ist, dass die Zeit kein absolutes Phänomen ist, wie die Materialisten es annehmen, sondern eine relative Wahrnehmung. Interessant ist, dass der Quran diese Tatsache, die erst im 20. Jahrhundert durch die Wissenschaft entdeckt wurde, bereits vor vierzehnhundert Jahren eröffnet hat. Der Quran gibt mehrere Hinweise auf die Relativität der Zeit, und so kann man die wissenschaftlich erwiesene Tatsache, dass die Zeit eine psychologische Wahrnehmung, die von Ereignissen, Situationen und Umständen abhängt, dort in vielen Versen wiederfinden. Zum Beispiel wird im Quran erklärt, dass die Zeitspanne eines ganzen Menschenlebens nur sehr kurz ist:
Eines Tages wird Er euch rufen, und ihr werdet Ihm mit Lobpreisung antworten und glauben, ihr hättet nur kurze Zeit verweilt. (Sure 17:52 – al-Isra')
Und an dem Tage, an dem Er sie versammelt, wird es ihnen sein, als hätten sie nur eine Stunde des Tages verweilt und als kennten sich alle... (Sure 10:45 – Yunus)
In einigen anderen Versen wird darauf hingewiesen, dass die Menschen die Zeit unterschiedlich wahrnehmen, und dass sie manchmal eine sehr kurze Zeitspanne als eine sehr lange wahrnehmen können. Das folgende Gespräch zwischen Menschen am Jüngsten Tag ist ein gutes Beispiel dafür:
Er wird fragen: "Wie viele Jahre wart ihr auf Erden?" Sie werden sagen: "Wir waren wohl einen Tag oder nur den Teil eines Tages dort. Frag die, welche rechnen können." Er wird sprechen: "Ihr wart nur ganz kurz da, wenn ihr es nur wüsstet." (Sure 23:112, 113, 114 – al-Mu'minun)
In einigen Versen wird angedeutet, dass die Zeit in unterschiedlichen Situationen eine unterschiedliche Dauer hat:
Und sie werden dich auffordern, die Strafe zu beschleunigen. Aber Allah bricht Sein Versprechen nie. Und siehe, ein Tag bei deinem Herrn ist wie tausend Jahre von denen, mit denen ihr rechnet. (Sure 22:47 – al-Hadsch)
Die Engel und der Geist steigen zu Ihm empor während eines Tages, der fünfzigtausend Jahre dauert. (Sure 70:4 – al-Ma'aridsch)
Er lenkt alle Dinge - vom Himmel bis zur Erde. Zu guter Letzt steigt alles zu Ihm empor an einem Tage, dessen Maß tausend Jahre von denen sind, die ihr zählt. (Sure 32:5 – al-Sadschda)
In diesen Versen kommt die Relativität der Zeit eindeutig zum Ausdruck. Dass der Quran diese Tatsache, welche die Wissenschaft erst im 20. Jahrhundert entdeckt hat, schon vor 14 Jahrhunderten enthüllte, zeigt deutlich, dass der Quran von Allah offenbart wurde, der Raum und Zeit umschließt.
Die Aussagen in vielen anderen Versen des Quran weisen darauf hin, dass die Zeit eine Wahrnehmung ist. Dies wird speziell in den Erzählungen deutlich. Ein Beispiel ist die Geschichte der "Genossen der Höhle". Dort wird berichtet, dass Allah einen 300-jährigen Schlaf über eine Gruppe von Gläubigen kommen ließ. Als sie erweckt wurden, dachten diese Leute, dass sie in diesem Zustand nur kurze Zeit verweilt hätten, und konnten sich nicht vorstellen, wie lange sie geschlafen hatten.
Da verhüllten Wir ihre Ohren in der Höhle für viele Jahre. Dann weckten Wir sie auf, um wissen zu lassen, wer von den beiden Parteien die Zeitdauer wissen zu lassen... (Sure 18:11-12 – al-Kahf)
Und so weckten Wir sie auf, damit sie einander befragten. So fragte einer von ihnen: "Wie lange seid ihr nun hier geblieben?" Sie sprachen: "Wir blieben einen Tag oder den Teil eines Tages" (Andere) sagten: "Euer Herr weiß am besten, wie lange ihr hier gewesen seid..." (Sure 18:11, 12, 19 – al-Kahf)
Die im folgenden Vers geschilderte Situation ist ebenfalls ein Hinweis darauf, dass die Zeit in Wirklichkeit eine psychologische Wahrnehmung ist.
Oder den, welcher an einer Stadt vorüberging, die wüst in Trümmern lag. Er sprach: "Wie kann Allah dieser nach ihrer Zerstörung wieder Leben verleihen?" Da ließ ihn Allah hundert Jahre gestorben sein. Dann erweckte Er ihn und fragte: "Wie lange warst du abwesend?" Er antwortete: "Ich verweilte einen Tag oder den Teil eines Tages." Er sprach: "Nein, du bliebst hundert Jahre weg! Betrachte deine Speise and deinen Trank: sie sind nicht verdorben. Und betrachte deinen Esel! Wir machten dich so zu einem Zeichen für die Menschen. Und betrachte die Knochen, wie Wir sie zusammensetzen und alsdann mit Fleisch bekleiden. " Und als ihm dies alles klargemacht worden war, sagte er: "Ich weiß (jetzt), dass Allah aller Dinge mächtig ist " (Sure 2:259 – al-Baqara)
Der obige Vers macht es nachdrücklich klar, dass Allah, der die Zeit erschaffen hat, ihr nicht untersteht. Der Mensch hingegen unterliegt der Zeit, die Allah ihm bestimmt hat. Wie in den Versen dargestellt, ist der Mensch nicht einmal in der Lage, zu wissen, wie lange er in Zuständen der Bewusstlosigkeit verweilt. Unter diesen Gegebenheiten zu behaupten, dass die Zeit absolut sei (wie die Materialisten es in ihrer gestörten Mentalität tun), wäre sehr unvernünftig.
Wie in Erklärungen über die Relativität der Zeit und in den Versen erwähnt wird, ist die Zeit keine feste Größe, sondern sie ist variabel und hängt von unseren Wahrnehmungen ab. So kann eine Zeitspanne die uns als Millionen von Jahren erscheint, in einer anderen Zeitdimension nur eine Sekunde ausmachen. Beispielsweise ist eine Zeitspanne, die für uns fünfzigtausend Jahre dauert, für Gabriel und die Engel nur einen Tag lang.
Dies ist sehr wichtig, damit der Begriff des Schicksals verstanden werden kann. Das Schicksal ist Allahs vollständiges Wissen über alle Geschehnisse der Vergangenheit und der Zukunft. Das heißt, jedes Ereignis, von der Schöpfung des Universums bis zum Jüngsten Tag hat für Allah bereits stattgefunden und ist vollendet. Eine große Mehrheit der Menschen fragt, wie Allah alles schon im voraus wissen kann bevor es geschehen ist, und diese Zweifel hindern sie daran, die Tragweite des Schicksals zu begreifen. Geschehnisse, die sich noch nicht ereignet haben, sind nur für uns noch nicht geschehen; denn wir führen unser Leben abhängig von der Zeit, die Allah erschaffen hat und wir können ohne die Informationen, die sich in unserem Gedächtnis befinden, nichts wissen. Da wir in unserem diesseitigen Leben auf die Probe gestellt werden, gibt uns Allah keine Informationen über das, was wir als "Zukunft" bezeichnen. Infolgedessen können wir nicht wissen, was in der Zukunft passieren wird. Allah ist jedoch völlig unabhängig von Raum und Zeit, denn Er Selbst ist derjenige, der beide erschuf. Aus diesem Grund sind Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart dasselbe für Allah. Vor Ihm hat alles bereits stattgefunden; Er braucht nicht zu warten, um das Ergebnis einer Tat zu sehen. Sogar der Anfang und das Ende eines Geschehens werden bei Allah in einem einzigen Moment erlebt. Allah weiß zum Beispiel bereits, was für ein Ende Pharao erwartete, sogar noch bevor Er Moses zu ihm schickte, noch bevor Moses geboren und Ägypten ein Königreich wurde; und all diese Ereignisse einschließlich des Pharaos' Ende wurden bei Allah in einem einzigen Moment erlebt. Außerdem gibt es für Allah keine Erinnerung an die Vergangenheit; die Vergangenheit und Zukunft sind bei Allah immer anwesend; alles existiert im gleichen Moment.
Wenn wir unser Leben als ein Videoband ansehen, betrachten wir dieses Videoband so, als ob wir keine Möglichkeit haben, den Film vorwärts laufen zu lassen; doch Allah sieht den vollständigen Film in einem einzigen Moment; Er ist es, Der diesen Film erschaffen und alle seine Details festgestellt hat. Wie wir den Anfang, die Mitte und das Ende eines Lineals mit einem Mal sehen können, so erfasst Allah die Zeit, von der wir abhängig sind, von Anfang bis Ende wie einen einzigen Augenblick. Die Menschen jedoch erfahren Ereignisse nur dann, wenn die Zeit kommt, zu der sie das Schicksal erleben, das Allah für sie vorherbestimmt hat. Dies gilt für jeden Menschen auf der Welt. Die Leben aller Menschen in dieser Welt und im Jenseits sind vor Allah mit all ihren Einzelheiten vorhanden. Die Schicksale aller Lebewesen, Planeten, Pflanzen und Dinge befinden sich zusammen mit den Schicksalen von Milliarden Menschen im ewigen Gedächtnis von Allah. Sie bleiben geschrieben, ohne verloren zu sein oder vermindert zu werden. Die Realität des Schicksals ist eine der Offenbarungen von Allahs Attribut Al-Hafieth (der Erhalter, der Beschützer), Seiner ewigen Größe und Macht.
Wir denken, dass wir in unterschiedlichen Zeitspannen leben, die wir Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nennen. Der einzige Grund, warum wir den Begriff der "Vergangenheit" haben ist, dass in unserem Gedächtnis verschiedene Ereignisse stattfinden. Der Moment, in dem wir in der Grundschule eingeschrieben wurden, ist eine Information in unserem Gedächtnis und deswegen nehmen wir sie als ein vergangenes Ereignis wahr. Zukünftige Ereignisse befinden sich nicht in unserem Gedächtnis. Aus diesem Grund nehmen wir diese Ereignisse, von denen wir keine Ahnung haben, als Ereignisse an, die "erlebt" werden und die "in der Zukunft vorkommen". Doch genau wie die Vergangenheit für uns aus den erlebten, erfahrenen und gesehenen Ereignissen besteht, ist auch die Zukunft bereits in gleicher Weise erlebt worden. Da diese Ereignisse sich aber nicht in unserem Gedächtnis befinden, können wir sie nicht wissen.
| 1. Vergangenheit
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Wenn Allah uns zukünftige Ereignisse sehen lassen würde, dann würde die Zukunft für uns die Vergangenheit sein. Jemand, der dreißig Jahre alt ist, hat dreißigjährige Erinnerungen und Ereignisse in seinem Gedächtnis, und aus diesem Grund denkt er, dass er eine Vergangenheit von dreißig Jahren hat. Wenn zukünftige Ereignisse zwischen seinem dreißigsten und siebzigsten Lebensjahr ins Gedächtnis dieser Person gegeben würden, dann würden für diese dreißig Jahre alte Person sowohl seine dreißig Jahre "Vergangenheit" als auch seine Zukunft bis zu seinem siebzigsten Lebensjahr zu seiner "Vergangenheit" gehören. Denn in einem solchen Fall würden beide, seine Vergangenheit und seine Zukunft in seinem Gedächtnis stattfinden und beides würden für ihn erlebte, erfahrene Ereignisse sein.
| Die Vergangenheit einer Person besteht aus den Informationen, die sich in ihrem Gedächtnis befinden. Wenn das Gedächtnis dieser Person gelöscht würde, dann würde auch ihre Vergangenheit verschwinden. Die Zukunft besteht aus menschlichen Gedanken. Wir fassen Pläne für die Zukunft und denken an sie, aber wenn unsere Gedanken zerstört würden, dann würde kein Konzept von Zukunft übrig bleiben. Wenn unser Gedächtnis und unsere Gedanken von uns weggenommen würden, würden wir nur den "Moment" haben, in dem wir leben. 1. Vergangenheit | ||
Da Allah uns die Ereignisse in einer sequentiell wahrnehmen lässt, als ob es eine Zeit gäbe, die sich aus der Vergangenheit in die Zukunft bewegt, informiert Er uns nicht über unsere Zukunft und gibt unseren Gedächtnissen diese Informationen nicht. Die Zukunft ist nicht in unserem Gedächtnis, aber die Vergangenheit und Zukunft aller Menschen befinden sich in Seinem ewigen Gedächtnis. Wie gesagt ist dies ähnlich, als wenn ein Mensch sein Leben in einem Film betrachten könnte. Der Film wurde gedreht und ist vollendet. Aber jemand, der den Film nicht vorspulen kann, sieht sein Leben nur dann, wenn die Filmsequenzen eine nach der anderen in einander übergehen. Er irrt sich aber, wenn er annimmt, dass die Sequenzen, die er noch nicht gesehen hat, seine Zukunft darstellen.
Wie ein Mensch seine Vergangenheit nicht ändern kann, kann er auch seine Zukunft nicht ändern. Aus diesem Grund erleben diejenigen, welche wegen der Ereignisse, auf die sie im täglichen Leben stoßen, in Zorn geraten, die Sorgen und Schwierigkeiten, welche sich daraus ergeben, dass sie sich nicht dem Schicksal unterwerfen. | ||
In vielen Versen deckt Allah auf, dass das einzige der weiß, was geheim, unsichtbar, unbemerkt und unbekannt ist, Er Selbst ist:
Sprich: "O mein Gott! Schöpfer der Himmel und der Erde, Der Du das Verborgene und das Offenkundige kennst, Du wirst zwischen Deinen Dienern über das richten, worüber sie uneins sind" (Sure 39:46 – az-Zumar)
Sprich: "Der Tod, vor dem ihr flieht, wird euch bestimmt einholen. Dann müsst ihr zu Dem zurück, Der das Verborgene und das Offenbare kennt. Und Er wird euch vorhalten, was ihr getan habt" (Sure 62:8 – al-Dschumu'a)
Er sprach: "O Adam! Nenne ihnen ihre Namen." Und als er ihnen ihre Namen genannt hatte, sprach Er: "Sagte Ich euch nicht: Ich kenne das Verborgene der Himmel und der Erde, und Ich weiß, was ihr offen tut und was ihr verbergt?" (Sure 2:33 – al-Baqara)
Im Allgemeinen wird der Begriff "das Verborgene" benutzt, um auf etwas zu verweisen, das noch unbekannt in der Zukunft liegt, jedoch sind Vergangenheit und Zukunft beide verborgen. Was in der Vergangenheit erlebt wurde und was in der Zukunft erlebt werden wird, sind Botschaften, die von Allah geheim gehalten werden. Jedoch gibt Allah den Gedächtnissen der Menschen einige dieser Botschaften aus dem Verborgenen , die von Ihm aufbewahrt werden, und macht sie dadurch bekannt. Zum Beispiel gibt Allah im Quran Informationen über die Vergangenheit und teilt dem Propheten Muhammad (s.a.w.s) mit, dass diese Informationen Botschaften aus dem Verborgenen sind:
Dies ist eine der Geschichten des Unwißbaren, die Wir dir offenbaren. Weder du noch dein Volk kannten sie bisher. Sei also standhaft. Das gute Ende gehört den Gottesfürchtigen. (Sure 11:49 – Hud)
Dies ist eine Schilderung von (dir) Unbekanntem, die Wir dir offenbaren. Du warst ja nicht zugegen, als sie sich absprachen und ihre Pläne schmiedeten." (Sure 12:102 – Yusuf)
Allah gab dem Propheten Muhammad (s.a.w.s) Informationen über Ereignisse, die noch nicht geschehen waren. Diese Informationen sind Berichte aus dem Verborgenen über die Zukunft. So wurden die Eroberung von Mekka (Sure 48:27 – al-Fath) und der Sieg des Griechen über die Heiden (Sure 30:3-4 – ar-Rum) dem Propheten Muhammad (s.a.w.s) berichtet, bevor sie geschahen. Die Hadithe des Propheten (s.a.w.s) über Themen wie die Zeichen des Tages der Auferstehung und die Endzeit zeigen, dass Allah ihn diese Kenntnisse gelehrt hat, die für alle anderen Menschen unbekannt waren. Im Quran wird auch erklärt, dass Berichte aus dem Verborgenen sowohl dem Propheten als auch einigen frommen Gläubigen gegeben werden. Beispielsweise wurde Joseph offenbart, dass die Pläne seiner Brüder keinen Erfolg haben würden (Sure 12:15 – Yusuf), und Moses' Mutter wurde offenbart, dass ihr Sohn den Grausamkeiten des Pharaos entgehen und einer der Propheten werden würde (Sure 28:7 – al-Qasas).
Schließlich sind alle Ereignisse und Nachrichten, die wir als Vergangenheit und Zukunft bezeichnen, tatsächlich Botschaften aus dem Verborgenen, die von Allah geheim gehalten werden. Allah sendet einige dieser Botschaften wann Er will, dem Gedächtnis einiger Menschen, die Er wählt, und auf diese Weise macht Er einen Teil des Verborgenen bewusst. Die Ereignisse, die sichtbar und spürbar werden, werden von den Menschen als Vergangenheit empfunden.
In diesem Bild sehen die Menschen das Auto nicht und die, die im Auto sind, sehen die anderen Menschen nicht. Zu diesem bestimmten Moment bemerken sie einander nicht. Aber jemand, der dieses Bild aus einer bestimmten Entfernung und von einem anderen Platz betrachtet, sieht alles auf beiden Seiten zur gleichen Zeit. Das Gleiche gilt auch für das menschliche Leben. | Wir haben die Begriffe der Vergangenheit und Zukunft, und da wir von der Zeit abhängig sind, können wir die Zukunft nur als sequentielle Folge von Ereignissen der Gegenwart sehen. Da Allah jedoch von Zeit und Raum völlig unabhängig ist, sieht Er unsere Vergangenheit, unsere Zukunft und Gegenwart in einem einzigen Moment in aller Lebendigkeit und Klarheit. Das plötzliche Bremsmanöver, dass der Fahrer ausführen wird, wenn er die Menschen auf der Straße sieht, ist Allah im voraus bekannt. | ||
Die Tatsache, dass Vergangenheit und Zukunft für Allah als erschaffene und erlebte Ereignisse existieren, zeigt uns eine wichtige Wahrheit: Jeder Mensch ist vollständig seinem Schicksal unterworfen. Genauso wie eine Person ihre Vergangenheit nicht ändern kann, kann sie auch ihre Zukunft nicht ändern, weil auch die Zukunft wie die Vergangenheit bereits geschehen ist. Alle Ereignisse in der Zukunft sind beschlossen - wann und wo sie geschehen werden, was man essen wird, mit wem man sprechen wird, was man erklären wird, wie viel Geld man erwerben wird, unter welchen Krankheiten man leiden wird, wann, wo und wie man sterben wird. Denn all dies befindet sich schon in Allahs Gedächtnis als erlebte Ereignisse. Aber diese Informationen sind noch nicht im Gedächtnis dieser Person.
Folglich bekümmern sich die, über ihre Zukunft traurig, beunruhigt und vergebens. Die Zukunft, über die sie so besorgt und beunruhigt sind, ist bereits erlebt worden, und ganz gleich, was sie tun, haben sie keine Möglichkeit, diese Ereignisse zu ändern.
An diesem Punkt ist es sehr wichtig, ein irrtümliches Verständnis des Schicksals zu vermeiden. Einige Menschen missverstehen und denken, dass das was ihr Schicksal ist, irgendwie geschehen wird, so dass sie nichts daran ändern können. Es ist richtig, dass alles, was wir erleben, in unserem Schicksal bestimmt ist. Bevor wir ein Ereignis erleben, ist es vor Allah erlebt worden und all seine Details stehen auf einer wohlverwahrten Tafel (al-lauh mahfudh) bei Allah eingetragen. Doch Allah gibt jedem die Empfindung, dass er die Ereignisse ändern kann, seine eigene Wahl hat und Entscheidungen treffen kann. Wenn jemand zum Beispiel Wasser trinken möchte, sagt er nicht "Wenn es mein Schicksal ist, trinke ich Wasser", und setzt sich hin. Stattdessen steht er auf, nimmt ein Glas und trinkt das Wasser. Tatsächlich trinkt er eine vorherbestimmte Menge Wasser aus einem vorherbestimmten Glas. Aber wenn er dies tut, fühlt er, dass er sich entsprechend seinem eigenen Wunsch und Willen verhält. Er empfindet dieses Gefühl während seines Lebens immer, wenn er etwas tut. Der Unterschied zwischen einer Person, die sich Allah und dem Schicksal völlig hingibt, das Allah für ihn bestimmt hat, und jemandem, der diese Realität nicht begreift ist folgender: Der sich Allah hingibt, weiß, dass alles was er tut, trotz des Gefühls, dass er selbst getan hat, entsprechend Allahs Willen geschieht. Die andere Person nimmt irrtümlich an, dass sie alles mit seiner eigenen Intelligenz und Kraft getan hat.
Wenn jemand, der sich Allah völlig hingibt, erfährt, dass er an einer Krankheit leidet, weiß er, dass diese Krankheit in seinem Schicksal ist und er vertraut auf Allah. Er denkt, da Allah diese Krankheit in seinem Schicksal bestimmt hat, sie ihm sicherlich großen Nutzen bringen wird. Er wartet jedoch nicht ab, ohne irgendwelche Maßnahmen zu treffen, indem er denkt, dass er heilen wird, wenn in seinem Schicksal bestimmt ist, gesund zu werden. Im Gegenteil trifft er alle möglichen Gesundheitsmaßnahmen; er geht zum Doktor, gibt auf seine Ernährung acht und nimmt Medizin. Aber er vergisst nicht, dass die Wirksamkeit der Behandlung, die Medizin, ob er gesunden wird oder nicht, alle in seinem Schicksal sind. Er weiß, dass all dies sich in Allahs ewigem Gedächtnis befindet und sogar schon dort war, bevor er auf die Welt kam. Im Quran offenbart Allah, dass alles, was die Menschen erleben, vorher in einem Buch niedergeschrieben ist:
Kein Unheil geschieht auf Erden oder euch selbst, das nicht in einem Buch stünde, bevor Wir es geschehen lassen. Das ist Allah fürwahr ein leichtes; so betrübt euch nicht über das, was euch entgeht, und freut euch nicht überheblich über das, was Er euch gibt; denn Allah liebt keine stolzen Prahler. (Sure 57:22-23 – al-Hadid)
Aus diesem Grund wird jemand, der an das Schicksal glaubt, wegen der Ereignisse, die ihm zustoßen, nicht verzweifelt oder beunruhigt sein. Im Gegenteil hat er äußerstes Vertrauen in Allah. Allah hat im voraus alles bestimmt, das einer Person zustoßt; Er hat uns befohlen, über die Ereignisse, die uns geschehen, nicht traurig zu sein, und zufrieden zu sein, mit den Segnungen, die wir bekommen. Die Schwierigkeiten, die die Menschen erleben, wurden zusammen mit ihrem Besitz und Erfolg von Allah festgesetzt. All dies ist Bestandteil des Schicksals, das von unserem Herrn vorherbestimmt wird, um die Menschen zu prüfen. Wie es in einem Vers verkündigt wird, "...Allahs Befehl ist ein fester Beschluss". (Sure 33:38 – al-Ahzab)
Jedes Wesen wird mit seinem Schicksal erschaffen. Noch bevor eine Vase hergestellt wird, ist es von Allah bestimmt, wer diese Vase in was für einem Stil erzeugen wird, wer sie woher kaufen wird, in welches Haus und in welche Ecke sie gestellt wird, und an welchem Tag, zu welchem Zeitpunkt und wie sie auf den Boden fallen und zerbrechen wird. | ||
In einem anderen Vers teilt Allah mit: "Siehe, alle Dinge erschufen Wir nach Maß und Plan" (Sure 54:49 – al-Qamar) Nicht nur Menschen sondern auch alle Dinge - belebt und unbelebt -, die Sonne, der Mond, die Berge und Bäume haben ihre eigenes Schicksal, das von Allah bestimmt wurde. Eine zerbrochene antike Vase wurde genau zu dem Zeitpunkt zerbrochen, der in ihrem Schicksal bestimmt ist. Als diese Vase hergestellt wurde, war es bestimmt, wer diese Jahrhunderte alte Vase benutzen würde, sowie in welcher Ecke welchen Hauses und neben welchen anderen Gegenständen sie stehen würde. Die Verzierungen auf der Vase und ihre Farbe sind im voraus in ihrem Schicksal bestimmt. Es ist Allah bekannt, an welchem Tag, zu welcher Stunde, in welcher Minute, und durch wen und wie sie zerbrochen werden würde. Der erste Moment, an dem die Vase hergestellt wurde, der erste Moment, an dem sie zum Verkauf ins Schaufenster gestellt wurde, der erste Moment, an dem sie in die Ecke des Hauses gestellt wurde, der Moment, an dem sie in Stücke zerbrochen war, jeder Moment der jahrhundertelangen Existenz dieser Vase ist für Allah als ein einziger Moment vorhanden. Obwohl die Person, die die Vase zerbrechen würde, noch einige Sekunden vorher davon ahnungslos ist, ist dieser Moment von Allah bestimmt und vollendet. Aus diesem Grund erklärt Allah den Menschen, sich nicht über das zu betrüben, was ihnen entgeht. Denn was ihnen entgangen sind, entging ihnen in ihrem Schicksal, und sie können es nicht ändern. Die Menschen sollten eine Lehre daraus ziehen, was in ihrem Schicksal geschieht, und den Zweck und Nutzen in diesen Ereignissen sehen. Sie sollten sich immer der endlosen Gnade, dem Mitleid und der Gerechtigkeit unseres Herrn zuneigen, Der ihr Schicksal erschaffen hat und Seine Diener behütet und schützt.
Diejenigen, die ihre Leben ungeachtet dieser wichtigen Wahrheit führen, sind immer besorgt und in Furcht, sie machen viele Sorgen über die Zukunft ihrer Kinder. Sie sind sehr beunruhigt wegen Fragen wie: Welche Schule werden sie besuchen? Welchen Beruf werden sie ergreifen? Werden sie immer gesund sein? Was für ein Leben werden sie führen? Doch ist jeder Moment des Lebens einer Person von Allah bestimmt, von dem Zeitpunkt an, zu dem er noch eine einzige Zelle war, bis zu der Zeit, da er gelernt hat, zu lesen und zu schreiben, von den ersten Antworten, die er in einer Prüfung an der Universität gab, bis zur hin zu der Firma, in der er arbeiten wird, welche Papiere er unterschreiben wird und wie viele Male er sie unterschreiben wird, wo und wie er sterben wird. All diese Dinge sind in Allahs Gedächtnis verborgen. Zum jetzigen Zeitpunkt befinden sich die fetale Phase dieses Menschen, seine Jahre an der Grundschule und an der Universität, sein 35. Geburtstag, der erste Tag in seinem Beruf, der Moment, als er die Engel sieht, nachdem er gestorben ist, der Moment, an dem er von seinen Verwandten begraben wird und an dem er von Allah zur Rechenschaft gezogen wird, als ein einziger Augenblick bei Allah.
Infolgedessen ist es sinnlos, sich über sein Leben zu sorgen und ängstlich zu sein, ein Leben, dessen jeder Moment gelebt, erfahren worden ist, und bereits bei Allah vorhanden ist. Ganz gleich wie stark sich jemand abmüht und sorgt, jeder Mensch und auch seine Kinder, Gatten, und Verwandten werden das Leben führen, das von Allah für sie bestimmt ist.
Eine gewissenhafte und intelligente Person, die diese Wirklichkeit begreift, sollte sich Allah und dem von Ihm erschaffenen Schicksal völlig hingeben, denn jeder befindet sich in der völligen Hingabe an Allah. Egal ob er mag oder nicht, lebt er unterwürfig dem Schicksal, das für ihn von Allah erschaffen wird. Eine Person, die ihr Schicksal leugnet, ist ein Leugner, gerade weil es in ihrem Schicksal geschrieben worden ist, ein Leugner zu sein.
Die, die sich Allah bereitwillig hingeben, können hoffen, Allahs Wohlgefallen und Allahs Gnade zu erreichen und das Paradies zu gewinnen; sie werden in dieser Welt und im Jenseits ein sorgenfreies Leben in Frieden und Sicherheit führen. Für einen Menschen, der sich Allah hingibt und weiß, dass das Schicksal, das Allah für ihn bestimmt hat, das Beste für ihn ist, gibt es keinen Grund, traurig, ängstlich oder besorgt zu sein. Dieser Mensch müht sich ab, aber tatsächlich weiß er, dass diese Bemühung in seinem Schicksal geschrieben steht, und ganz gleich was er tut, er nicht die Fähigkeit hat, zu ändern, was in seinem Schicksal niedergeschrieben ist.
Ein Gläubiger gibt sich dem Schicksal das von Allah erschaffen wird, völlig hin. Außerdem wird er versuchen, sein Bestes zu tun, um den Sinn der Ereignisse seines Schicksals zu verstehen, und er wird Vorsichtsmaßnahmen treffen und sich darum bemühen, die Dinge zum besseren zu ändern. Doch er wird zuversichtlich und ruhig sein, weil er weiß, dass alle Ereignisse entsprechend seinem Schicksal passieren und dass Allah das Bestmögliche im voraus festgesetzt hat. Als ein Beispiel dafür erwähnt der Quran die Maßnahmen, die von Jakob für die Sicherheit seiner Kinder ergriffen werden. Um sie vor etwaigen bösen Absichten zu schützen, riet Jakob seinen Söhnen die Stadt durch unterschiedliche Tore zu betreten aber er erinnerte sie daran, dass dies nicht das Schicksal beeinflussen würde, das von Allah festgesetzt worden war.
Und er sprach: "O meine Söhne! Tretet nicht (allesamt) durch ein einziges Tor ein, sondern tretet durch verschiedene Tore ein. Doch ich kann euch nicht gegen Allah helfen. Die Entscheidung liegt allein bei Allah. Ihm vertraue ich, und vertrauen sollen Ihm alle Vertrauenden." (Sure 12:67 – Yusuf)
Die Menschen können tun, was sie mögen, aber sie können ihr Schicksal nie ändern. Dies wird in diesem Vers erklärt.
Dann, nach dem Kummer, sandte Er auf euch ein Gefühl von ungestörter Sicherheit nieder. Schläfrigkeit überkam einen Teil von euch; ein anderer Teil aber kümmerte sich nur um sich selbst und begann, ungerecht über Allah zu denken, in heidnischem Denken. Sie sprachen: "Haben wir hier irgend etwas zu sagen?" Sprich: "Siehe, alle Entscheidung liegt bei Allah." Sie verbargen in ihren Seelen, was sie dir nicht mitteilten, indem sie sprachen: "Hätten wir etwas zu sagen gehabt, lägen wir hier nicht erschlagen!" Sprich: "Wärt ihr auch in eueren Häusern gewesen, wahrlich, jene, denen der Tod bestimmt war, wären zu ihrer Todesstätte aufgebrochen. Dies damit Allah prüfe, was in eueren Brüsten ist, und erforsche, was in eueren Herzen ist. Und Allah kennt das Innerste der Brüste." (Sure 3:154 – Al-'Imran)
Noch bevor ein Auto hergestellt wird, ist es in seinem Schicksal bestimmt, welche Farbe es haben wird, wer es kaufen wird und wie es auf dem Schrottplatz aussehen wird. | ||
Wie aus diesem Vers ersichtlich ist, wird ein Mensch sowieso sterben, wenn es in seinem Schicksal geschrieben steht, selbst wenn er von einer Aufgabe auf Allahs Weg entflieht, um nicht zu sterben. Sogar sind die Wege und Methoden, welche er anwendet, um vor dem Tod zu entfliehen, auch in seinem Schicksal bestimmt und jeder Mensch erlebt die Ereignisse, die in seinem Schicksal sind. In diesem Vers erklärt Allah den Menschen auch, dass der Zweck der Geschehnisse, die Er in ihrem Schicksal erschafft der ist, sie zu prüfen und ihr Inneres zu reinigen. In der Sure al-Fatir erzählt Allah, dass die Lebensdauer jedes Menschen von Ihm bestimmt ist und dass die Frauen nur mit Seiner Erlaubnis schwanger werden:
Und Allah hat euch aus Staub erschaffen, dann aus einem Samentropfen; dann machte Er euch zu zwei Geschlechtern. Und keine Frau wird schwanger oder kommt nieder ohne Sein Wissen. Und kein Betagter wird älter oder weniger alt, ohne dass es in einem Buch festgelegt wäre. Siehe, all dies ist Allah ein leichtes. (Sure 35:11 – al-Fatir)
In den untenerwähnten Versen der Sure al-Qamar wird mitgeteilt, dass alles, was eine Person tut, mit allen Details in einem Buch geschrieben steht und dass das, was die Bewohner des Paradieses erleben, auch bereits erlebte Ereignisse sind. Wie zuvor erwähnt, ist auch das wahre Leben im Paradies für uns die Zukunft. Aber das Leben der Bewohner des Paradieses, ihre Gespräche und Festmahle befinden sich zu diesem Zeitpunkt in Allahs Gedächtnis. Bevor wir geboren waren, wurde die Zukunft der ganzen Menschheit in dieser Welt und im Jenseits bei Allah in einem einzigen Augenblick erlebt und wird in Allahs Gedächtnis aufbewahrt:
Und alles, was sie tun, ist in Büchern festgehalten. Und alles, ob klein oder groß, ist aufgezeichnet. Die Gottesfürchtigen kommen bestimmt in Gärten mit Bächen. Am Sitz der Wahrhaftigkeit, bei einem mächtigen König. (Sure 54:52-55 – al-Qamar)
Das Schicksal ist das Wissen Allahs, und von Ihm, Der die Gesamtheit aller Zeit wie einen einzigen Augenblick erfasst und über Zeit und Raum herrscht, ist alles in einem Schicksal bestimmt und vollendet. Auch aus dem, was im Quran geschildert ist, kann man erkennen, dass die Zeit für Allah eine Einheit ist. Einige Ereignisse, die uns in der Zukunft begegnen sollen, sind im Quran in der Weise berichtet, als seien sie schon vor langem geschehen. Zum Beispiel sind die Verse, die schildern, wie die Menschen im Jenseits vor Allah Rechenschaft ablegen müssen, so verfasst, als wäre das ein Ereignis, das bereits vor langer Zeit stattgefunden hat:
Und da wird in die Posaune gestoßen, und schon werden alle in den Himmeln und auf Erden ohnmächtig, außer denen, welche Allah davon ausnimmt. Dann wird noch einmal hineingestoßen, und siehe, sie erheben sich und erkennen. Und die Erde wird im Lichte ihres Herrn leuchten. Dann wird das Buch vorgelegt. Dann werden die Propheten und die Zeugen gebracht und wird zwischen ihnen in Wahrheit entschieden. Und es wird ihnen kein Unrecht geschehen. Jeder Seele wird nach ihrem Tun vergolten; und Er weiß am besten, was sie tun. Doch die Ungläubigen werden in Scharen zur Hölle getrieben, bis, wenn sie dorthin gelangt sind, ihre Tore geöffnet werden und ihre Hüter zu ihnen sagen: "Kamen denn keine Gesandte aus euerer Mitte zu euch, die euch die Botschaft eueres Herrn vortrugen und euch vor der Begegnung mit diesem euerem Tag warnten?" Sie werden sagen: "Jawohl." Somit ist das Strafurteil gegen die Ungläubigen gerecht. Dann wird gesprochen: "Tretet ein durch die Pforten der Hölle, ewig darin zu verweilen. Und wie schlimm ist die Wohnung der Hochmütigen!" Doch diejenigen, welche ihren Herrn gefürchtet hatten, werden in Scharen in das Paradies geführt, bis, wenn sie zu ihm gelangen, seine Tore geöffnet werden und seine Hüter zu ihnen sprechen: "Frieden sei mit euch! Ihr habt es richtig gemacht! So tretet ein für immerdar!" (Sure 39:68-73 – az-Zumar)
Einige andere Verse zu diesem Themenkreis sind:
Und jede Seele wird mit einem Treiber und einem Zeugen kommen. (Sure 50:21 – Qaf)
Und der Himmel wird sich spalten; denn an diesem Tag wird er brüchig geworden sein. (Sure 69:16 – al-Haqqa)
Und Er wird sie für ihre Standhaftigkeit mit einem Garten und (Kleidern aus) Seide belohnen. Dort werden sie sich auf Ruhekissen lehnen und dort weder (brennende) Sonne noch schneidende Kälte erleben. (Sure 76:12, 13 – al-Insan)
Und die Hölle anschaulich gemacht wird für den, der (sie) sieht. (Sure 79:36 – an-Nazi'at)
Doch an diesem Tage werden die Gläubigen die Ungläubigen verlachen. (Sure 83:34 – al-Mutaffifin)
Und die Sünder werden das Feuer sehen. Da werden sie die Vorahnung haben, dass sie hineingeworfen und kein Entrinnen daraus finden werden. (Sure 18:53 – al-Kahf)
Wie ersichtlich, werden die Ereignisse, die – aus unserer Sicht – nach unserem Tod eintreten werden, im Quran als erlebte und vergangene Ereignisse geschildert. Allah ist nicht an das relative Zeit- und Ortgefüge gebunden in das wir eingeschlossen sind. Allahs Wille, der all diese Ereignisse geschehen lässt, ist zeitlos; die Menschen haben ihre Taten ausgeführt, und die Ereignisse wurden erlebt und sind geschehen. Im folgenden Vers wird dargelegt, dass jedes Ereignis, ob bedeutend oder unbedeutend in Allahs Wissen ist und in einem Buch aufgezeichnet ist:
Du verfolgst kein Geschäft und trägst nichts aus dem Quran vor und ihr betreibt nichts, ohne dass Wir Zeuge eueres Verhaltens sind. Deinem Herrn bleibt auch nicht das Gewicht eines Stäubchens auf Erden und im Himmel verborgen. Und nichts ist kleiner oder größer als dies, ohne dass es in einem Buch klar verzeichnet stünde. (Sure 10:61 – Yunus)