Wenn man sie fragt, werden die meisten Menschen sich als höchst gewissenhaft bezeichnen. Aber im Hinblick auf das Gewissen ist, wie bei allen anderen Angelegenheiten auch, der Quran der einzige Maßstab. Im Quran berichtet Allah von vielen Ereignissen und Gesprächen vergangener Gemeinschaften. In einem jeden davon gibt es Warnungen und Beispiele für Menschen. Das beste Beispiel für Menschen, die ihrem Gewissen voll und ganz folgen, ist Allahs Gesandter (s). Allah spricht in einem Quranvers:
Und der Mann des Fisches (Jonas), als er im Zorn davonging und dachte, dass Wir Es ist schon für euch im Gesandten Allahs ein gutes Beispiel für den, der auf Allah hofft und den Letzten Tag und sich viel an Allah erinnert. (Suratu-l-Ahzab 33:21)
In anderen Versen führt Allah die Propheten Abraham und Jesus als Beispiele an:
Und es war schon für euch ein gutes Beispiel in Abraham und denjenigen mit ihm … (Suratu-l-Mumtahina 60:4)
Er ist nichts außer einem Knecht, dem Wir Wohltaten erwiesen haben, und Wir haben ihn als Beispiel gemacht für die Kinder Israils. (Suratu-zukhruf 43:59)
Allah teilt in der Sure Jusuf mit, dass die Propheten-geschichten Warnungen für die Menschen sind:
In ihrer Geschichte ist schon eine Lehre für die mit der Einsicht, es ist kein ausgedachter Bericht, sondern Bestätigung dessen, was vor dir ist, und Verdeutlichung von allem und Rechtleitung und Barmherzigkeit für Leute, die glauben. (Sura Jusuf 12:111)
Darum muss jeder, der den Quran liest, seine Haltungen und Handlungen mit denen der Gesandten vergleichen und sich ernstlich bemühen, ihnen nachzueifern. Es muß dabei festgehalten werden, dass die Worte und Handlungen der Gesandten auf göttlicher Offenbarung und nicht dem Gewissen als solchem beruhten. Aber man kann einen Vergleich zwischen der göttlichen Offenbarung für die Gesandten und dem Gewissen für uns ziehen. Beide sind göttliche Eingebung und dürfen nicht abgelehnt oder ignoriert werden. Es ist aber wichtig zu wissen, dass unser Gewissen sich nie gegen die Offenbarung richten kann.
Im Quran werden außer Gesandten auch andere Menschen als Beispiele für gewissensbefolgende Menschen gegeben, die taqwa (Gottesfurcht) haben. Maria, die Mutter des Propheten Jesus, Asija, die Frau des Pharao Ägyptens und die Zauberer, die dem Propheten Moses trotz der Tyrannei des Pharao folgten, sind einige Beispiele von rechtschaffenen Menschen, denen wir folgen sollten.
Die Propheten verbrachten ihr Leben damit, die wahre Religion mit großer Geduld und Ausdauer darzulegen, ohne irgendwelche Kompromisse zu schließen. Im Quran wird berichtet, dass der Prophet Noah (a.s.) seine Mitmenschen Tag und Nacht zu Allahs Weg rief und sie vor Seiner Strafe warnte. Trotz ihres Spottes und ihrer Ungerechtigkeit wankte er nicht:
Er sagte: ‚Mein Herr, ich habe mein Volk gerufen, nachts und zur Tageszeit, Und mein Ruf hat ihnen nichts gemehrt als Weglaufen. Und jedes Mal, wenn ich sie dazu gerufen habe, dass Du ihnen verzeihst, haben sie ihre Finger in ihre Ohren gesteckt und sich mit ihren Gewändern eingehüllt und verharrten und wähnten sich überaus groß. Dann habe ich sie laut vernehmbar gerufen, Dann habe ich es ihnen offen dargelegt, und ich habe es ihnen streng vertraulich mitgeteilt, Und ich habe gesagt: ‚Bittet euren Herrn um Verzeihung, Er ist ja ganz Verzeiher.’ (Sura Noah 71:5-10)
Der Prophet Noah tat alles, was Allah und sein Gewissen von ihm verlangte. Dass er sein Volk Tag und Nacht, insgeheim und öffentlich, zum Islam aufrief, zeigt seine ernste und aufrichtige Hingabe an die Sache. Die Antwort, die sein Volk im gab, lautet im Quran:
Es hast vor ihnen das Volk Noahs abgeleugnet, und sie haben Unseren Knecht geleugnet, und sie sagten: ‚Ein Besessener!’, und er wurde bedroht. (Suratu-l-Qamar 54:9)
Als Reaktion auf die Überschreitung seines Volkes offenbarte Allah dem Propheten Noah:
Und es wurde Noah eingegeben: Sicher glaubt keiner von deinem Volk, außer wer schon geglaubt hat, also sei nicht verzagt wegen dem, was sie getan haben. Und fertige das Schiff vor Unseren Augen und mit Unserer Eingebung an und sprich Mich nicht an wegen derjenigen, die Unrecht tun, sie sind ja Ertrinkende. (Sura Hud 11:36-37)
Prophet Noah verkündete seinem Volk die Botschaft bis Allahs Hilfe kam. Trotz aller Schwierigkeiten, die ihm begegneten, hörte er nie auf, die Religion (din) zu erklären. Das bedurfte ganz sicher großer Geduld. Alle im Quran erwähnten Propheten riefen ihr Volk mit ebensolcher Entschlossenheit und Geduld zum Islam auf. Allah gab diesen rechtschaffenen Knechten etwas von Seiner Weisheit, deutliche Sprache und Wissen. Während das Mitteilen der Botschaft durch einen jeden von ihnen das Mittel für die Rechtleitung der Gläubigen war, legte es zugleich auch die Lügen der Glaubensverweigerer offen. Durch Seine Gesandten hat Allah die Wahrheit gegen das Falsche geschleudert und es mitten hinein getroffen. In einem Quranvers wird dieser göttliche Grundsatz genannt:
Vielmehr werfen Wir mit der Wahrheit gegen das Nichtige, und sie zerschmettert es, und dann ist es vergangen, und wehe euch wegen dem, was ihr zuschreibt. (Suratu-l-Anbija 21:18)
Abraham war ja eine ganze Gemeinschaft, Allah ergeben, rechtgläubig, und er war keiner von den Mitgöttergebenden, Dankbar für Seine Gnaden, Er hat ihn sich gewählt, und Er hat ihn rechtgeleitet zu einem richtigen Weg, Und Wir haben ihm in dieser Welt Gutes gegeben, und er ist im Jenseits bestimmt einer von den Rechtschaffenen. (Suratu-Nahl 16:120-122)
Als er mit den Glaubensverweigerern rang, war der Prophet Abraham (a.s.) allein. Niemand war bei ihm, um ihm zu helfen und ihn zu unterstützen, weder körperlich noch geistig. Aber er hielt in einem solchen Maß durch, dass die üblen Missetäter ihn lebendig verbrennen wollten, nur weil er ihnen die Wahrheit predigte. Allah rettete den Propheten Abraham vor einem solchen qualvollen Tod durch Seine Allmacht und schützte ihn vor seinen Feinden:
Sie sagten: ‚Verbrennt ihn und helft euren Göttern, wenn ihr etwas tut.’ Wir sprachen: Feuer, sei kalt, und Frieden über Abraham! Und sie wollten ihm nachstellen, also haben Wir sie zu den größten Verlierern gemacht. (Suratu-l-Anbija 21:68-70)
Der Prophet Abraham ist ein Beispiel für die Hingabe der Propheten an Allah und ihre Entschlossenheit auf Allahs Weg. Allah beschreibt ihn mit dem Vers:
… Abraham war ja bestimmt gutherzig, milde. (Sura-Tauba 9:114)
Er war ein besonders rücksichtsvoller, gewissenbefolgender Mensch, und Allah hilft zweifellos Seinen Knechten, die solche Eigenschaften an den Tag legen.
Alle von Allahs Gesandten haben die hervorragendsten und erhabensten Eigenschaften entfaltet. Über den Propheten Johannes (Jahja) (a.s.) sagt Allah im Quran:
Und Mitempfinden von Uns aus und Lauterkeit, und er war gottesfürchtig, Und er war seinen Eltern gut, und er war niemals gewalttätig, aufsässig. (Sura Maria 19:13-14)
Diese Eigenschaften, dass er nicht zur Auflehnung gegen Allah neigt, sind ein Inbegriff des hohen Gewissens des Propheten Johannes.
Maria (r.a.), die den Propheten Jesus (a.s.) mit dem „Sei!“ von Allah ohne Vater zur Welt brachte, ist eine rechtschaffene Gläubige als Beispiel aus dem Quran für alle Frauen auf der Erde. Maria wurde mit großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit aufgezogen und Allah „ließ sie auf gute Weise heranwachsen.“ (Sura Al-Imran 3:37) Sie besaß eine Überlegenheit an Verhalten und Charakter, wie es sie heutzutage kaum gibt. Im Quran heißt es, dass Allah Maria von allen Frauen auserwählte:
Und als die Engel sagten: ‚Maria, Allah hat dich auserwählt und hat dich rein gemacht und hat dich von den Frauen der Welt auserwählt. Maria, sei deinem Herrn gehorsam und wirf dich nieder und beuge dich mit den sich Beugenden.’ (Sura Al-Imran 3:42-43)
Eine der bemerkenswertesten Seiten von Maria im Quran ist ihre Achtsamkeit auf ihre Keuschheit. Das war nicht eine Folge von Traditionen, Sitten oder Regeln der Gesellschaft, sondern wegen ihrer Hingabe an Allah und ihrer peinlichen Genauigkeit gegenüber Seinen Geboten.
Der Quran berichtet ausführlich von Marias Schwangerschaft mit dem Propheten Jesus (a.s.) und von seiner Geburt. Der Engel Gabriel kam zu Maria mit der guten Nachricht von einem Sohn, in den Allah von Seinem Geist eingehaucht hat. Das war ein großes Geschenk für sie von Allah, denn der Jungen sollte ein Prophet werden.
Nachdem sie mit Allahs Hilfe und Schutz allein geboren hatte, gab Maria durch ihren starken Charakter ein Beispiel für die Welt, als sie zu ihren Leuten zurückkehrte. Sie und ihre Familie waren in der Stadt, in der sie lebten, als fromme, keusche und gläubige Menschen bekannt.
Als Maria nach längerer Zeit mit einem Kleinkind zu ihren Leuten zurückkam, waren alle gegen sie. Es gab welche, die nicht glaubten, dass der Prophet Jesus eine frohe Botschaft Allahs für sie war, und sie verleumdeten sie und versuchten ihr zu schaden. Weil Maria zum Wohlgefallen Allahs und nicht um der Zustimmung der Leute willen gehandelt hatte, war sie von der allgemeinen Meinung nicht betroffen. In Gesellschaften der Unwissenheit gibt es aber viele Menschen, die sich nur wegen der möglichen Reaktion anderer, die sie auslösen könnten, von ihrem Gewissen entfernen, das Gebet und andere Verrichtungen des Gottesdienstes nicht regelmäßig verrichten und nicht beachten, was verboten und was erlaubt ist.
Allah befahl Maria mit niemandem zu sprechen und mitzuteilen, dass sie ein Gelübde der Enthaltsamkeit getan habe, damit sie nicht den Anschuldigungen ihrer Leute ausgesetzt sein würde. Gleich darauf ließ Allah ein Wunder geschehen, das alle Verleumdungen beenden würde. Der Prophet Jesus, der nur ein Kind in der Wiege war, begann zu sprechen und gab anstelle seiner Mutter die Erklärung:
Da deutete sie auf ihn. Sie sagten: ‚Wie reden wir mit dem, der in der Wiege ist, als Kind?’ Er sagte: ‚Ich bin der Knecht Allahs, Er hat mir die Schrift gegeben, und Er hat mich zum Propheten gemacht, Und Er hat mich gesegnet gemacht, wo ich bin, und Er hat mich angewiesen zum Gebet und zu Almosen, solange ich am Leben bin, Und gut zu meiner Mutter zu sein, und Er hat mich nicht gewalttätig, unselig gemacht, Und Frieden über mir am Tag, an dem ich geboren wurde und am Tag, an dem ich sterbe, und am Tag, an dem ich lebendig auferweckt werde.’ (Sura Maria 19:29-33)
So wurde Maria mit einem Wunder von Allah auf die beste Weise gegen ihre Leute unterstützt. Ihre Geschichte zeigt den starken und mutigen Charakter eines Menschen, der mit ganzem Herzen Allah ergeben ist.
Asija (r.a. – ihr Name wird im Quran nicht genannt) war die Frau des Pharao, der zur Zeit des Propheten Moses (a.s.) über die Kinder Israels herrschte. Diese rechtschaffene Frau, die mit einem Mann verheiratet war, der als einer der größten Tyrannen in der Geschichte gilt, hat die Ehre, dass man sich ihrer als einer der überragenden Muslime in der Geschichte erinnert. Ihr Charakter wird den Gläubigen im Quran als Beispiel gegeben:
Und Allah prägt ein Gleichnis für diejenigen, die geglaubt haben: Die Frau des Pharao … (Suratu-Tahrim 66:11)
Als Frau des Pharao musste sie den höchsten Rang eingenommen und Zugang zu grenzenlosem Reichtum und Wohlergehen haben, während die Menschen, die ihm unterstanden, in Elend und Furcht vor schlimmer Bestrafung oder dem Tod lebten. Aber die Frau des Pharao wurde weder von den Bequemlichkeiten der Reichtümer verlockt noch hatte sie Angst vor dem Zorn ihres Mannes. Der Quran berichtet uns:
Und niemand glaubte Moses, außer Nachkommen von seinem Volk, aus Furcht vor Pharao und ihren Würdenträgern, dass sie sie verfolgen. Pharao war ja bestimmt ein Hochmütiger auf der Erde, und bestimmt war er ja einer von den Maßlosen. (Sura Yunus 10:83)
Die Frau des Pharao teilte das selbe Haus mit diesem grausamen Menschen und seinem engsten Kreis. Sie wusste auch, wie er diejenigen unterdrückte, die sagten, dass sie an Allah glaubten. In einer solchen Situation, in der die Gläubigen dermaßen der Unterdrückung ausgesetzt waren, nahm sie die rechtschaffene Religion an, die der Prophet Moses übermittelte. Ihr Gewissen bestätigte Allahs Dasein und dass alle die in Ägypten vorherrschenden Glaubensvorstellungen falsch waren. Man darf nicht vergessen, dass sie über grenzenlosen Reichtum und Besitz verfügte. Aber sie wandte sich von derartigen Ablenkungen weg und ergab sich in Allahs Religion. Nur zu oft sehen wir jene, die nur über einen Bruchteil ihres Reichtums und ihres Besitzes verfügen, weit in Arroganz und Überschreitung hinausgehen. Ihr Verhalten bietet einen guten Vergleich, um die Bedeutung dieser rechtschaffenen Frau verstehen zu helfen.
Das Gebet der Frau des Pharao im Quran, wie Allah es mitgeteilt hat, ist ein Ausdruck ihrer Aufrichtigkeit. Sie bat Allah um Sein Paradies, indem sie das Wohlergehen, das ihr eigen war, gänzlich verwarf:
Und Allah prägt ein Gleichnis für diejenigen, die geglaubt haben: Die Frau des Pharao, als sie sagte; ‚Mein Herr, baue mir bei Dir ein Haus im Paradiesgarten, und rette mich vor Pharao und seinem Tun, und rette mich vor dem Volk der Unrechthandelnden.’ (Suratu-Tahrim 66:11)
Es ist wichtig zu beachten, dass es im Quran keine Diskriminierung zwischen Mann und Frau gibt. Alle Gesandten und alle Menschen mit Gottesfurcht, die von Allah als Beispiele angeführt werden, haben dieselben vorzüglichen Eigenschaften. Das allgemeine Kennzeichen dieser Menschen ist ihr vollkommener Gehorsam gegenüber Allah. Als Folge davon entfalten sich gutes Verhalten und guter Charakter, die der ganzen Welt als Beispiel gegeben werden.