Bezogen auf die Theologie gibt es zwei Schulen:
Die Maturidis, begründet durch den Imam Maturidi
Die Ash´aris, begründet durch den Imam Ash´ari
Diese zwei Schulen sind im Wesentlichen eine einzige. Dennoch unterscheiden sie sich in Bezug auf 40 Punkte. Diese Unterschiede bestehen allerdings nur in Detailfragen.
Der Gründer der Maturidi-Schule ist Abu Mansur Muhammad ibn Mahmud al-Maturidi al-Samarkandi, der weithin als Imam Maturidi bekannt ist. Er wurde im Jahre 238 in Samarkand geboren.
Er war türkischen Ursprungs und wurde von Studenten von al-Imam Abu Hanifah unterrichtet. Er begründete in seinen Werken eine feine Verbindung zwischen Vernunft und Vermittlung und errichtete einen unverrückbaren Wall gegen ketzerische Ideen, indem er Studenten ausbildete, die den Ansichten der Ahl as-Sunna aufs Äußerste ergeben waren. Er leistete einen beachtlichen Beitrag zur Weitergabe der Überzeugungen der Ahl as-Sunna an nachfolgende Generationen.
Imam Maturidi ist für alle Hanafi-Muslime der Lehrer in Angelegenheiten des Glaubens. Seine Schule wird von vielen Muslimen anerkannt, besonders den Türken. Einige Bücher haben bis zum heutigen Tag überlebt, unter ihnen das Kitab al-Tawhid, Ta´wilat al-Quran und Kitab al-Jadal.
Einige der fundamentalen Grundsätze, die das Wesen der Ahl as-Sunna ausmachen, sind:
- Allahs Existenz und Einheit. Wir sind dafür verantwortlich, dass wir Glauben in Allah haben, Dessen Werk mit seinem Sein eins ist. Allah besitzt Eigenschaften, die Teil seines göttlichen Wesens sind. Allahs Eigenschaft des Kalam existieren gemeinsam mit seinem Sein.
- Der Glaube besteht darin, dass er verbal kundgetan und von Herzen angenommen wird. Niemand, der seinen Glauben verbal eingesteht aber in seinem Herzen abweist kann als Gläubiger angesehen werden. Der Ort des Glaubens ist das Herz und niemand kann ihn bezwingen, wenn er sich dort vollends eingerichtet hat.
- So wie es unmöglich ist zu sagen, dass jemand, der glaubt, kein Muslim ist, ist es ebenso unmöglich zu sagen, dass jemand, der alle Grundsätze des Islam erfüllt, kein Gläubiger ist. Taten sind nicht Teil des Glaubens.
- Wenn eine Person sich dafür entscheidet etwas zu tun, gibt ihm Allah die Kraft, damit dies geschieht. Diese erzeugte Kraft begleitet die Handlung. Die sich ergebende Handlung verursacht, dass die Person belohnt oder bestraft wird, abhängig von der zugrunde liegenden Absicht.
- So ernsthafte Sünden wie Ehebruch, Mord, Genuss von Alkohol entfernen den Muslim nicht von der Gemschaft des Islam. Wer auch immer solche Sünden begeht, dem wird vergeben, wenn er bereut.
- Unser Prophet (s.a.w.s) wird für jene Menschen sprechen, die dieser Gemeinschaft angehören, selbst für jene, die ernsthafte Sünden begangen haben. Dies ist eine Gnade Allahs .
Abu al-Hasan al-Ash´ari, der Gründer dieser Schule, wurde 260 in Basra geboren. Er studierte bis zu seinem 40-ten Lebensjahr mit Abu `ali al-Jubba´i, einem Mu´tazili-Gelehrten.
Imam al-Ash´ari schrieb mehrere Bücher, die an die Mu´tazilah gerichtet waren, welche Ahl al-Bid´ah (Leute der [Un-Islamischen] Neuerung) waren, Philosophen, Naturalisten, Theisten, Juden und Christen. Die bekannten ersten zwei seiner Werke, sind das Risalat al-Iman und Maqalat al-Islamiyyin. Etwa 20 seiner Werke sind erhalten geblieben. Es wird gesagt, dass er zwanzig Jahre lang das Morgengebet im selben Zustand der Waschung wie beim Abendgebet ausgeführt hat. Er starb in Bagdad im Jahre 324.
Einige Mitglieder der Shafi´i und Maliki-Schulen sind, bezogen auf den Glauben, mit den Ah´ariyyah verbunden. Die Ash´ari-Schule ist weitgehend anerkannt, besonders im Irak, in Lybien und Ägypten.
Die Ansichten des Imam al-Ash´ari sind sehr wichtig für die Heranbildung des Glaubens der Ahl as-Sunna. Abgesehen vom Thema des freien Willens, gab es keinen großen Meinungsunterschied mit al-Maturidi. Einige der Grundsätze von al-Ash´ari sind wie folgt:
-Die Abrechnung im Grab (adhab al-qadr), die Versammlung der Menschheit am Tag der Auferstehung (hashr), und as-sirat (Brücke) und al-mizan (gerechtes Gleichgewicht) sind wahr. Der Quran ist ein Wunder in Bezug auf seinen literarischen Stil. Niemand kann ein gleichbedeutendes Dokument verfassen.
-Es ist grundlegend, dass der Prophet (s.a.w.s) Wunder ausüben kann. Awliya kann auch Wunder (karamah) zur Schau stellen. Propheten üben Wunder aus, um die Leute an ihr überlegenes Wesen heranzuziehen. Awali auf der andere Seite muss keine Überlegenheit erlangen sondern sein karamat verbergen.
-Jeder, der Allahs Offenbarung durch einen Engel erhalten hat und Wunder ausübt, die die Naturgesetze verletzen, ist ein nabi.
-Durch den Willen Allahs wird der Prophet (s.a.w.s) im Namen der Gläubigen fürsprechen. Es ist den Gläubigen auch erlaubt im Jenseits Allah als den Einen und Unvergleichlichen anzusehen. Er schickt der Menschheit Gut und Böse, verursacht die Taten, die sie vollbringen, und verleiht den Menschen die nötige Kraft eine Handlung auszuführen.
Die Ahl as-Sunna enthält vier Schulen des figh:
1) Die Hanafi-Schule, begründet durch Imam Abu Hanifah
2) Die Shafi´i-Schule, begründet durch Imam al-Shafi´i
3) Die Hanbali-Schule, begründet durch Imam Hanbal
4) Die Maliki-Schule, begründet durch Imam Malik
In diesem Abschnitt werden wir uns auf diese vier Imame und ihre Ansichten konzentrieren.
Al-Imam al-A´zam Abu Hanifah wurde in Kufa im Jahre 80 geboren. Sein Geburtsname war an-Nu´man ibn Thabit. Einige historische Berichte sagen, dass er türkischer Herkunft war. Sein Vater, ein wohlhabender Händler, hatte sich Ali ibn Abi Talib (ra) vorgestellt, welcher ihm seinen Segen gegeben und für seine Nachkommen gebetet hatte.
Abu Hanifah lernte den Quran mit jungen Jahren auswendig und lehrte sich selbst die arabische Sprache und Literatur, Jurisprudenz (figh), die Hadiths und Theologie (kalam). Er debattierte mit Leuten in der Region, die häretische Ansichten vertraten, und überzeugte die meisten von ihnen. Folglich begann sich sein Ruf auszubreiten.
Als er eine große Lücke in seinem Wissen bezüglich des figh verspürte, verließ er den Handel und widmete sich dem Studium rechtlicher Angelegenheiten. Zur gleichen Zeit setzte er seine Studien des Quran und der Sunna fort und begann Regeln aus ihnen abzuleiten. Er begann auch damit die Hadiths zu erforschen und jene Angelegenheiten zu untersuchen, bei denen die Gefährten nicht übereinstimmten.
Während seiner 30 Jahre in der madrassah unterrichtete er mehr als 4000 Studenten, unter ihnen zukünftige mujtahids (ein Gelehrter, der Gesetzesbeschlüsse ableitet) wie Abu Yusuf, Muhammad ibn al-Hasan und Hasan ibn Ziyad.
Er teilte seinen Studenten mit, dass ihr Wissen auf soliden Grundlagen ruhen würde, solange sie sich an die folgenden Grundsätze hielten:
1) Besuche einen Wissensrings und –Versammlung, wann immer eine abgehalten wird, und verstehe ihre allgemeinen Grundsätze.
2) Verbringe Zeit mit Leuten des Wissens und habe Kontakt mit allen der intellektuellen Bewegungen deiner Generation
3) Bleib beim Lehrer, der die wichtigen Themen lehrt.
Nachdem er einige Zeit mit mehreren Islam-Gelehrten verbracht hatte, schloss er sich Hammad ibn Abi Sulayman an, einem der größten Gelehrten jener Zeit. Nach seinem Tod richtete sich aller Augenmerk auf Abu Hanifah.
Die Umayyaden waren nicht erfreut darüber, dass die Zahl seiner Anhänger weiterhin zunahm. Also bot ihm der Gouverneur des Irak, Yazid ibn Amr, den Posten des qadi (religiöser Richter) an, um seinen Einfluss auf die Öffentlichkeit zu schwächen. Als Abu Hanifah diesen Vorschlag ablehnte, wurde er tagelang gefoltert und anschließend eingekerkert. Dennoch wurde er schon bald aus Angst der Regierung vor der Reaktion der Öffentlichkeit freigelassen.
Abu Hanifah lebte für viele Jahre im Hijaz und kehrte nach Kufa zurück, nachdem die Abbasiden an die Macht kamen. Allerdings änderte sich nur wenig unter der Herrschaft der Abbasiden. Seine Antwort auf Kalif al-Mansurs Anfrage, dass er der qadi von Bagdad werden solle, war: „Wenn mir mit Ertränken im Fluss Euphrat gedroht wird für den Fall, dass ich diesen Vorschlag zurückweise, dann bevorzuge ich zu ertrinken. Es gibt viele unter euch, die in Not sind.“ Daraufhin hatte ihn al-Mansur mehrere Tage gefoltert. Dieser Vorgang zerstörte seine Gesundheit, und er starb in Bagdad im Jahre 150. Hunderttausende Muslime besuchen noch heute jedes Jahr sein Grab.
Im Anschluss an al-Imam al-A´zams Tod bereiteten seine Studenten ein Buch vor, indem sie die von ihm erzählten Hadiths sammelten und in systematischer Form präsentierten. Sie verbreiteten seine Ideen in der gesamten Islamischen Welt, indem sie neue Gebote im Licht der Ansichten ihres Lehrers ableiteten. In der Folge wurde aus seinen Lehren allmählich die Hanafi-Schule, die noch immer viele aktive Anhänger in der Türkei, dem Balkan, Kaukasus, Sibirien, China, Pakistan, Albanien, Ägypten, Syrien und Irak besitzt.
Einige der bis zum heutigen Tage erhaltenen Werke von al-Imam al-A´zam sind Kitabul Rad `ala al-Khawarij, Kitab al-Rab `ala al-Qaadiriyah, Al-Figh al-Akbar und Al-Figh al Absat.
Im Folgenden sind einige bemerkenswerte Auszüge aus seinen Werken abgedruckt:
„Zeig Menschen soviel Liebe wie du kannst. Grüße jeden, selbst die sehr einfachen. Wenn du mit anderen zu einer Versammlung zusammenkommst und verschiedene Probleme diskutierst und jemand dir eine widerstreitende Idee ausdrückt, dann setz dich ihm nicht entgegen. Wenn sie dich fragen, äußere deine Meinung, sprich aus deinem Herzen und sag, dass es solche und solche Meinungen in Bezug auf dieses Thema gibt und dass der Beweis wie folgt ist. Daraufhin werden sie dir zuhören und dein Wissensniveau verstehen.
Zeige allen, die an dich herantreten in gewissem Maße Wissen und lass jeden etwas von dir lernen. Gib ihnen wichtige Dinge, keine trivialen. Sei ihnen wie ein Freund, mache sogar witzige Bemerkungen, weil Freundschaft und Ehrlichkeit die Fortführung des Wissens absichern.
Behandle sie behutsam und sei tolerant. Zeige keinem Langeweile oder Müdigkeit. Benimm dich so, als wärst du einer von ihnen.
Vertraue der Freundschaft einer Person erst, wenn sie bewiesen wurde. Sei mit niemand Niedrigem oder Vulgären befreundet. Sei tugendhaft, großzügig und herzlich. deine Kleidung sollte sauber und neu sein. Hab ein gutes Pferd zum reiten. Benutze angenehme Düfte. Sei großzügig, wenn du Menschen Lebensmittel zum Essen gibst und stell jeden zufrieden. Wann immer du von Streit oder Korruption hörst, beeil dich um sie aufzulösen. Besuche die, die dich besuchen, und jene, die dies nicht tun. Tu immer Gutes, egal ob andere dir Gutes oder Böses wünschen. Vergib und drücke in Bezug auf einige Dinge ein Auge zu. Verlasse solche Dinge, die dich unglücklich machen, und versuche zu tun, was richtig ist. Besuche diejenigen deiner Gefährten, die erkranken, und frag nach denen, die du nicht siehst. Interessiere dich für jene, die nicht zu dir kommen.“ (Aus Abu Hanifahs Hinterlassenschaft an seinen Studenten Abu Yusuf)
„Wisse, dass Taten mit dem Wissen einhergehen, so wie sich die Glieder bewegen, dank der Sicht der Augen. Einige wenige gute Taten mit Wissen sind besser als viel Arbeit aus Ignoranz. Dies ähnelt dem folgenden Sprichwort: Selbst wenn ein Mann wenig Essen bei sich hat, wird er gerettet, wenn er den richtigen Pfad kennt. Der Mann ist immer noch in einer besseren Lage als jemand, der viel Essen hat und den Weg nicht kennt. Wie uns Allah mitteilt: ´Sind sie gleich – diejenigen, die wissen, und diejenigen, die nicht wissen? Nur die intelligenten Menschen geben acht.´“ (Osman Keskioğlu, Abu Hanifah, M. Abu Zehra, S. 177)
Einige der Ratschläge, die al-Imam al-A´zam an Abu Yusuf weitergegeben hat, tauchen in Ibrahim Haqqi von Erzurums Ma´rifatname auf, woraus die folgenden Auszüge entnommen sind:
„Wünsche anderen Menschen Gutes und gib ihnen Ratschläge. Geh und unterhalt dich mit Menschen, wenn sie Dein Verhalten sehen, akzeptieren und mit dir reden wünschen, sodass du in ihren Kreisen Erkenntnisse diskutieren kannst.
Möge sich jeder Student als dein Sohn sehen. Lass Arbeit, die auf den Erwerb von Wissen ausgerichtet ist, jeden Tag zunehmen. Rede nicht mit jenen, diedir nicht zuhören, und den Leuten vom Markt. Hab keine Angst jedem die Wahrheit zu sagen. Übe mehr religiöse Beobachtungen aus als die Massen, nicht weniger. Setz dich nicht mit Leugnern und Ahl al-Bid´ah zusammen und rede mit ihnen, sondern lad Sie zu der Religion ein, wenn die Umstände angemessen sind. Ich hinterlasse dir und jedermann diese Dinge. Mögest du diesem Pfad folgen und die Menschen auf dem Rechten Pfad führen.“
Imam al-Shafi`i wurde in Gaza im Jahre 150 AH geboren. Die Islamischen Gelehrten betrachteten es als bedeutsam, dass er im selben Jahr geboren wurde, als Abu Hanifah starb. Imam al-Shafi’i verlor seinen Vater in jungen Jahren und verbrachte den größten Teil seiner Kindheit in Armut.
Er ging nach Mekka und begann die Hadiths zu studieren. Zusätzlich lernte er in jungen Jahren den Quran auswendig und später schloss er sich dem Imam Malik an. Ab diesem Moment, auf Grund seines Studiums des Islams, wiedmete er sich dem Studium des fiqh.
Im Alter von 34 Jahren wurde er ungerechter Weise vom dem Gouverneur des Yemen wegen Verbreitung der schiitischen Propaganda angeklagt und eingesperrt. Neun Menschen wurden wegen Verbindung mit al-Shafi’i getötet – er selbst wurde durch Interventionen von einigen mächtigen Anhängern im letzten Moment verschont.
Nach zwei Jahren des Studiums und Forschung in Mekka kehrte er nach Baghdad zurück. Zu dieser Zeit begann sich bereits der Ruf von al-Shafi’i in der Islamische Welt zu verbreiten. Er sah sich um ein bequemeres Umfeld um und wählte Ägypten als seine Wahlheimat.
Der Gouverneur und die Bewohner Ägyptens hießen al-Shafi’i Willkommen. Er wurde von dem Gouverneur bis zu seinem Lebensende beschützt und ein Anteil, reserviert für die Verwandten des Propheten (s.a.w.s) wurde ihm gegeben.
Imam al-Shafi’i lebte sein Leben auf dem Pfad des Islams, hinterließ viele Werke für nachfolgende Generationen und er unterrichtete viele Studenten als sein Vermächtnis. Außerdem kämpfte er gnadenlos gegen ketzerische Sekten, wie die Mu’tazila oder andere abweichende Organisationen. Er starb im Jahre 204 AH in Ägypten.
Er hinterließ unschätzbare Werke wie Ahqam al-Quran, As-Sunan, Kitab al-Umm and Musnad ash-Shafi‘i. Viele Muslime im Irak, Ostanatolen, Indien, Palästina, Saudi-Arabien, Philippinen, Yaemen, Ägypten und Syrien sind Anhänger der Shafi’i Schule und ihr Einfluss und Beitrag zum Erlernen und Verständnis des Islams fühlt man in der heutigen Muslimischen Welt.
Imam al-Shafi’I beschreibt das Wesen der von ihm gegründeten Schule mit folgenden Worten:
„Nicht jeder kann die Hadith des Propheten (s.a.w.s) kennen. Wenn ich irgend eine Idee oder einen Grundsatz aufstelle, ohne dass ich weiss, das sie einen Verstoß gegen die Sunna des Boten Allahs darstellen, dann ist es das Wort des Boten, das die Menschen befolgen müssen. Das ist meine Schule. Wenn ich ein Hadith des Boten Allahs erzähle und ich handle nicht danach, welche Erde würde mich ertragen und welcher Himmel würde mir Schatten spenden? Der Hadith des Propheten (s.a.w.s) ist von überragender Bedeutung für mich.“
Einige Aussprüche des Imam al-Shafi’i:
“Wenn einer von euch alle Menschen zufriedenstellen wollte, er könnte es nicht. Der Diener muss darauf achten, dass er moralische Ehrlichkeit bewahrt. Jedes gute Werk welches es tat, musste zwischen ihm und Allah bleiben.“
“Das Streben nach Erkenntnissen ist besser als ein überflüssiges Gebet. Weil von dem überflüssigen Gebet nur der Einzelne profitiert,von der Erkenntnis aber die gesamte Gemeinschaft.“
“Wenn jemand seinem Bruder im Glauben einen geheimen Rat gibt, hat er sich als guter Berater betätigt und belohnte ihn mit guten Manieren. Wenn er versucht, seine Meinung öffentlich kundzutun, wird sie keine Wirkung haben. Er wird in einer gewissen Beziehung die andere Partei verurteilen und deswegen beschämt werden.“
„Lasse den, der die Seeligkeit des Jenseits erstrebt Aufrichtigkeit in den Erkenntnissen haben.“
„Wer versucht, seine Meinung durch seine Taten zu zeigen, ist ebenfalls ein Führer.“
„Die folgenden drei Bedingungen sind Zeichen echten die Liebe zu seinem Bruder in der Religion zu zeigen:
1) Einige wenige kleine Fehler zu dulden, ohne den anderen es vorzuhalten, und diese Person so zu akzeptieren, wie sie ist.
2) Jede ungehörige Aktion zu verdecken, die öffentlich getätigt wurde.
3) Jedes Unrecht zu verzeihen, das gegen ihn selbst gerichtet war.“
Nach den vertrauenswürdigsten Berichten wurde Imam Malik ibn Anas im Jahre 93 AH in Madinah geboren. Als Sohn einer Familie, die sich mit dem Studium der Hadiths beschäftigte, machter er auf diesem Gebiet in sehr kurzer Zeit beträchtliche Frotschritte. Er befand sich schon in jungen Jahren an der Seite des berühmten Gelehrten Ibn Hurmuz und blieb bei ihm in den nächsten 13 Jahren. Er begann mit 17 bereits zu lehren und das Interesse, welches Zuschauer in ihm hatten war grösser als das Interesse, welches sie ihren eigenen Lehrern entgegenbrachten. Obwohl er 13 Jahre älter war, knierte Abu Hanifah vor ihm und erhielt Unterricht von ihm.
Die Arbeiten, die über Imam Malik geschrieben wurden, beziehen sich generell auf sein überragendes Gedächtnis und seine Intelligenz und sie beschrieben seine Geduld, seine Toleranz und seine Erhabenheit als exemplarisch. Dafür ist Imam Malik berühmt. Er besetzte eine wichtige Position in der Wissenschaft der Hadiths und war für seine Gewissenhaftigkeit sehr respektiert, wenn er die Echtheit der Bräuche bestimmte. Er erforschte diese Bräuche und akzeptierte nur diejenigen, welche wirklich völlig vertrauenswürdig waren.
Der Imam Malik handelte nie hastig, wenn er Fatwas erstellte. Wenn man ihn über ein Problem konsultierte pflegte es zu sagen. „Geh’ jetzt und lass mich dieses Problem untersuchen.“ Befragt über sein derartiges Handeln antwortete er, „Ich bin für die Fatwas verantwortlich. Ich fürchte mich wahrlich vor dem Jüngsten Gericht.“
Wie Imam Abu Hanifah, zog sich Imam Malik den Grimm des Kalifen al-Mansur zu und wurde in den Gefängnissen bis zu seinem Tod gequält. Jedoch viele Jahre später erkannte al-Manzur den Fehler und entschuldigte sich bei Imam Malik. Imam Malik verbrachte seine letzten Jahre krank und starb im Jahre 179 AH in der gesegneten Stadt Madinah.
Anhänger seiner Schule kann man heute in Tripolis, Lybien, Tunesien, Marokko, Saudi Arabien, Algerien und entlang der afrikanischen Küste finden. Das wichtigeste Werk des Imam Malik, an dem er 40 Jahre schrieb ist al-Muwatta’. Als Ergebnis seiner Untersuchungen von mehr als 100.000 Bräuchen verwendete er 1.720 davon in seinem Buch. Bediuzzaman Said Nursi lobte Imam Malik und sein grosses Werk al-Muwatta’ in seiner eigenen Kollektion.
Imam Ahmad ibn Hanbal wurde im Jahre 164 AH in Baghdad geboren. Sein Leben deckt sich mit der glänzenden Periode des Abbasidenreiches. Obwohl er seinen Vater schon sehr jung verlor, genoss er ein ausgezeichnetes Religionsstudium. Er erhielt Unterricht von verschiedenen gut bekannten Gelehrten, war aber am meisten von Imam al- Shafi‘i beeinflusst. Aus diesem Grund begann er die Hadiths zu studieren; das war ein schwieriger Bereich um die Erkenntnisse zu verfolgen, und es war nötig, intensiv zwischen den Ländern zu reisen, obwohl er noch sehr jung war.
Er hatte den grössten Respekt vor den Lehrern, die ihn unterrichteten. Während seines ganzen Lebens gab er nie über Hadiths seine persönliche Meinung und fertigte keine Fatwa (Rechtsgutachten) über keine Themen aus, bis er das Alter der Reife mit 40 Jahren erreichte. Das beweist seine Bescheidenheit – es zeigt auch, dass er keine wichtigen Meinungen über Themen geben wollte, bis er sich reif genug fühlte, um diese Art einer ernsten intellektuellen Verantwortung tragen zu können. Mit seinem Wissen und seiner Bescheidenheit wurde er schnell ein berühmter und respektierter Gelehrter.
Seine Reden lenkte die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer auf drei Themen. Ernstheit, Bescheidenheit und geistiger Frieden dominierten seine Gespräche. Es gefiel ihm nicht, andere zu verspotten und behandelte die Menschen, mit denen er sprach sehr respektvoll.
Er erzählte Hadiths nur, wenn er dazu aufgefordert wurde. Um keine Fehler zu begehen las er die Hadiths lieber aus deren Quellen, als dass er sich auf sein Gedächtnis verließ. Das zeigt abermals seine Genauigkeit und seine Verpflichtung, die Worte des Propheten (s.a.w.s) wahrheitsgemäß wiederzugeben.
Er verlangte ausdrücklich, dass die von ihm erzählten Hadiths von seinen Studenten aufgeschrieben werden. Er verlangte auch, dass seine Fatwas in geschriebener Form erfolgten, damit sie nicht fehlinterpretiert werden können.
Er kämpfte gegen häretische Bewegungen bis zu seinem Lebensende. Das war der Grund seiner Probleme mit dem Herrscher dieser Zeit, Kalif al-Mutasim. Er wurde verhaftet und in Baghdad eingekerkert. Die Schwierigkeiten, die er durchmachte, erhöhten ihn noch mehr in den Augen der Öffentlichkeit. Die Unterdrückung setzte sich nach seiner Entlassung fort. Er durfte keine Reden halten und es wurde ihm sogar verboten, in die Moschee beten zu gehen. Seine Schüler wurden, einer nach dem anderen ins Gefängnis geworfen. Seine Füße waren angekettet und er begann die Reise von Baghdad nach Tarsus, um vor den Kalifen gebracht zu werden als er auf der Straße im Jahr 128 AH starb.
Seine Schule durfte sich nicht ausbreiten, da die Hanafi, Maliki und Shafi’i Schulen sich während des Entstehens der Hanbali Schule bereits in den Islamischen Ländern verbreitet haben. Aus diesem Grund hat seine Schule sich hauptsächlich in Saudi Arabien entwickelt.
Das wichtigste Werk von Ahmad ibn Hanbal ist al-Musnad.
Er spezialisierte sich vorwiegend in der Kenntnis der Hadiths. Es wird berichtet, dass der eine Million Hadith al-Sharif auswendig konnte. Er erzählte 30.000 Hadiths in al-Musnad. Nach dem großen Gelehrten Kohistani, erzählte er 50.700 Überlieferungen. Seine Religiösität, taqwa, und seine hohe Moral wurden von allen gepriesen.
Unterschiede zwischen den Schulen der Ahl al-Sunna wal Jama‘ah sind in Wahrheit eher von großem Vorteil für die Islamische Welt als dass sie schädlich wären. Jeder Imam der vier Glaubensschulen lehrt seine eigene ijti-had aber würden niemals versuchen, den einen oder den anderen wegen gegenseitiger Feindschaft auszuschalten. So wie es in den Hadiths erwähnt wurde ist es klar, dass Unstimmigkeiten unter Beibehaltung des gegenseitigen Repekts gnadenreich sind und die Geschichte hat dies tatsächlich bestätigt. Die Tatsache, dass ein Mitglied einer Schule in der Lage ist, eine andere Schule, wenn nötig zu imitieren, ist dafür der klareste Beweis.
Umar ibn Abd al-Aziz sagt tatsächlich zu diesem Thema:
“Ich wäre für die Gemeinschaft der Boten Allahs nicht akzeptabel, wenn ich in Fragen des fiqh nicht widersprechen würde, weil es für die Menschen schwierig wäre, wenn sie alle mit einer einzigen Ansicht einversanden wären. Wenn jemand den Worten einer Meinung von ihnen treu bliebe, wäre dies für ihm die Sunna.“ (Muhammad Abu Zahra, Tareekh al-Madhahib al-Islamiyyah)
Es ist eine bekannte Tatsache bei Glauben an die Ahl Al-Sunna, dass alle ehrlichen Ideen, Ijtihad und Interprätation hinsichtilich ihrer Durchführung, die Verbreitung des Islams in verschiedene Umgebungen und Länder erleichterte.
Der wichtigeste Faktor bei der Bereitung des Terrains für diese unterschiedliche Interprätationen der Weggefährten ist die unterschiedliche Auslegung der Hadiths. Nach dem Quran ist es die Sunna, mit anderen Worten die Hadiths, der wichtigste Bezugspunkt im Islam. Die Imame der Schulen haben die Wichtigkeit des Festhaltens an der Sunna betont und bestimmt, dass derjenige, der die Sunna aufgibt, sich unter den Verlierern befindet.
Sie betonten die Wichtigkeit der Treue zu der Sunna des Boten (s.a.w.s) in folgender Weise:
Al-Imam al-A‘zam:
„Die Menschen wurden gerettet, so lange sie zu denjenigen gehörten, die sich mit den Hadiths beschäftigten. Sobald sie die Kenntnisse ausserhalb der Hadiths suchten, kommen Verfälschungen vor. Vermeide Befehle auf Grund deiner eigenen persönlichen Meinung über irgend ein Thema der Religion Allahs auszusprechen sondern folge der Sunna. Jeder der die Sunna verlässt, wird in Häresie verfallen.“ (ash-Sharani, al-Mizan 1: 51)
Imam al-Shafi‘i:
„Wenn ich auf ein abweichendes Gebot komme, nachdem ich ein Hadith des Boten Allahs erzählt habe, welcher Himmel wird mich beschatten und welche Erde wird mich tragen?“
Imam Malik:
„Die Sunna ist wie die Arche Noe (as). Wer die Arche betritt wird gerettet, wer aber nicht, der wird ertrinken.“
Imam Ahmad ibn Hanbal:
„Viele bid‘ahs sind entstanden. Wer die Hadiths nicht kennt, wird diesen bid’ahs verfallen.”
Es gibt keine Unstimmigkeiten unter den Imamen dieser Schulen der Ahl al-Sunna in Bezug auf die Vorzüge der Sunna. Einige Unterschiede haben sich jedoch in Bezug auf das Verständnis dieser Hadiths ergeben. Die Tatsache, dass die Imame dieser Schulen unterschiedliche bzw. mehr oder weniger Kenntnisse der hadiths hatten, führte zur Verfassung von unterschiedlichen Glaubenssätzen. Die Imame wandten sich zuerst an den Quran, sobald ihnen eine Frage gebracht wurde. Fehlten relevante Vorschriften im Quran, würden sie die Sunna des Propheten (s.a.w.s) in Betracht ziehen. Wenn sie es auch nicht in der Sunna fanden, dann würden sie sehen, wie sich die Weggefährten verhielten. Für den Fall, dass keine endgültige Schlussfolgerung gefunden werden konnte, würde eine Entscheidung auf Basis der ijti-had gefällt werden. Da die Ijtihads unterschiedlich sind, ergaben sich Unterschiede zwischen den Schulen.
Schließlich ist es unmöglich, das eine Person die vollständigen Hadiths beherrscht. Das muss immer bedacht werden. Imam al-Shafi’i stellte fest:
“Ich kenn niemanden, der die gesamte Sunna oder alle Hadiths kennt. Nur wenn man die Kenntnisse der Hadiths aller Gelehrten sammelt, könnte die gesamte Sunna bekannt werden. Da die Hadiths der Gelehrten weit verstreut sind, werden auch Hadiths einzelnen Gelehrten unbekannt sein. Die Hadiths die ein Gelehrter nicht kennt sind wieder anderen bekannt.“
Manche betrachteten die zu verschiedenen Zeiten verrichteten Taten des Prophet (s.a.w.s) als zwingende Bräuche, während andere sie als überflüssig bezeichneten. Es gibt dafür in den Schulen der Ahl al-Sunna mehrere Instanzen. Ausserdem führte die Unmöglichkeit, die Handlungen des Propheten (s.a.w.s) völlig, oder eine seiner Handlungen, die nur zur Hälfte bezeugt wurde, zu verstehen, zum Entstehen von zahlreiche Unterschieden.
Die Aussagen der Weggefährten sind ein anderer Grund für Unterschiede zwischen den Schulen. Die Hanafis und Malikis bevorzugen z.B. die Aussagen der Weggefährten gegenüber den analogen Begründungen (qiyas), während die Shafi’is in manchen Sachlagen die Berichte der Weggefährten nicht akzeptierten. Das führte dazu, dass unterschiedliche Fatwas erstellt wurden. Ausserdem vergrößerten unterschiedliche Klimata, geographische Strukturen, Traditionen und Bräuche dieses Phänomen.
Die Imame der Schulen haben die Streitigkeiten ausserhalb der Späre von persönlichen Leidenschaften gehalten und versuchten, nur die Akzeptanz von Allah zu erzielen. Sie beanspruchten nie, dass ihre eigenen Ansichten die Wahrheiten darstellen; vielmehr sagten sie, dass ihr Versuch passender wäre.
Imam al-A’zam Abu Hanifah sagte folgendes:
“Unsere Gedanken bestehen aus einer Meinung, und diese sind die besten, die wir haben. Wenn jemand anderer eine bessere Meinung vorschlägt, dann sollte man dieser folgen, statt der unseren.” (Muhammad Abu Zahra, Tareekh al-Madhahib al-Islamiyyah)
Wenn jemand das Leben der Imame untersucht, sieht man, dass statt gegenseitiger Anschuldigungen immer gegenseitiger Respekt herrschte. In seinem Katechismus berichtet Omer Nasuhi Bilmen, dass dieser Respekt ein Zeichen der Ahl al-Sunna ist:
“Die Anhänger jeder der vier Schulen dieser vier Mujtahids glauben, dass ihre Schule besser, genauer, effektiver und reiner in Themen der Sunna ist. Sonst gäbe es keinen Sinn, diese spezielle Schule zu wählen. Aber sie denken nie, die anderen Schulen zu verunglimpfen. Sie respektieren alle vier Schulen. Dieser Respekt ist ein Zeichen der Ahl al-Sunna.“ (Omer Nasuhi Bilmen, The Great Islamic Catechism, S. 42)
Die Unterschiede zwischen den Schulen waren eher konstruktiv als destruktiv. Das widerspricht auch nicht dem Gebot Allahs , dass Muslime Streit untereinander zu vermeiden haben, da solche Unterschiede immer für die Gläubigen von Vorteil waren.