Im Quran erzählt uns Allah folgendes Ereignis aus Moses' Leben:
Und er betrat die Stadt zu einer Zeit, da ihre Bewohner nicht darauf achteten. Und er fand dort zwei Männer, die miteinander kämpften, der eine von seinen Leuten und der andere von seinen Feinden. Da rief ihn der Mann von seinen Leuten zu Hilfe gegen den, der von seinen Feinden war. Moses versetzte ihm einen Faustschlag, der für ihn tödlich war. Da rief er: "Das ist ein Werk des Satans! Fürwahr, er ist ein offenkundiger Feind, der irreführt" (Sure 28:15 – al-Qasas)
Hier wird ein Vorfall beschrieben, in dem Moses Zeuge eines Kampfes zwischen zwei Männern wird. Einer der Männer gehörte seinem Volk an, der andere war sein Feind. Ohne zu überlegen, wer in der Sache Recht hatte, schlug sich Moses auf die Seite des Mannes seines Volkes und entschied den Kampf durch sein Eingreifen, was für den Anderen tödlich endete. Obwohl Moses nicht die Absicht gehabt hatte, den Mann zu töten, starb dieser an den Folgen des Schlages, den Moses ihm versetzt hatte. Der Prophet Moses besann sich und sah ein, dass er geirrt hatte.
Map of ancient Egypt.
Die Moral dieser Geschichte ist, dass man niemandem, der im Unrecht ist, helfen soll, auch wenn er der eigenen Fraktion angehört. Moses bezog sich auf diese, seine falsche Handlungsweise jenen Mann voreilig für rechtschaffen zu halten, nur weil er seinem eigenen Volk angehörte, als er vom "Werk des Satans" sprach.
Was hier kritisiert wird, ist in der Tat der Grund für den Hass und die Kriege unter den Menschen, die sich bis auf den heutigen Tag durch die gesamte Geschichte ziehen. Die Überzeugung des Menschen von der a priori Rechtmäßigkeit des Tuns seiner Familie, seines Volkes, seiner Kameraden oder Rasse, und seine Weigerung, anzuerkennen was im Einzelfall richtig ist, ist der Hauptgrund für allen Kampf und alle Grausamkeit in der Geschichte.
Wachgerüttelt durch sein Gewissen erkannte Moses sofort, dass seine üble Handlungsweise ihm von Satan eingeflüstert worden war, und er wandte sich sofort zu Gott und bereute. Im folgenden Vers lesen wir über Moses' beispielhafte Haltung, als er sich, durch sein Gewissen geplagt, an Allah wandte:
Er sprach: "Mein Herr, ich habe mich gegen mich versündigt! Verzeihe Mir denn!" Da verzieh Er ihm. Er ist fürwahr der Verzeihende, der Barmherzige. Er sprach: "O mein Herr! Wie Du mir gnädig warst, so will ich nie mehr ein Helfer von Missetätern sein." (Sure 28:16, 17 – al-Qasas)
Moses gestand seinen Fehler ein, entgegen geltendem Recht einen Mann nur aus dem Grund verteidigt zu haben, weil dieser seinem eigenen Volk angehörte. Jedoch war diese vorurteilsvolle Haltung durchaus üblich in Ägypten. Wenn die Ägypter von dem von Moses begangenen Totschlag erfahren würden, war es durchaus möglich, dass sie aus rassistischen Motiven Rache an ihm nehmen würden indem sie ihn töteten, und Moses überkam große Furcht.
Am nächsten Morgen war er in der Stadt, voller Furcht um sich spähend. Und siehe, jener, dem er gestern geholfen hatte, rief ihn (erneut) um Hilfe an. Da sagte Moses zu ihm: "Du bist wirklich offensichtlich fehlgeleitet!" (Sure 28:18 – al-Qasas)
Moses konnte nicht länger in der von Pharao beherrschten Gesellschaft leben. Um seine Sicherheit fürchtend, verbrachte er die Nacht auf der Hut vor möglichen Gefahren, die ihm durch Pharao und seine Schergen drohen konnten. Am nächsten Tag fand der oben beschriebene Vorfall statt; der Mann, der Moses am Vortag zu Hilfe gerufen hatte, kam mit dem gleichen Begehren wieder zu ihm, diesmal sollte es gegen einen anderen Mann gehen. Wie der Vers berichtet, erhoffte sich der Mann ein zweites Mal Hilfe von Moses, weil er ja vom selben Volk war. Moses jedoch beging seinen Fehler nicht ein zweites Mal. Er sah, dass sein Landsmann nicht im Recht war und weigerte sich, ihm zu helfen. Dieser wandte sich daraufhin sofort gegen Moses und begann, ihn zu beleidigen. Er hielt Moses den Totschlag vor, den dieser am Tag zuvor begangen hatte.
Und als er (doch) an ihrer beider Feind Hand anlegen wollte, sprach dieser: "O Moses! Willst du mich etwa totschlagen, so wie du gestern jemand totgeschlagen hast? Du willst nichts als ein Tyrann im Lande sein und keinen Frieden stiften!" (Sure 28:19 – al-Qasas)
Moses wurde nun als jemand behandelt, der einen Ägypter ermordet hatte, ungeachtet der Tatsache, dass Moses jenes Mannes' Tod nicht gewollt hatte. Pharao und seine führenden Gefolgsleute berieten über Moses' Bestrafung, und es war nicht ausgeschlossen, das er hingerichtet werden würde. Jemand, der die Beratung belauscht hatte, kam um Moses zu warnen. Als dieser von der gegen ihn gerichteten Verschwörung erfuhr, floh er voller Sorge aus Ägypten:
Da kam ein Mann vom anderen Ende der Stadt herbeigeeilt und rief: "Moses! Die Oberhäupter beraten darüber, dich hinrichten zu lassen. Darum geh weg! Ich bin dir bestimmt ein guter Ratgeber." Da ging er voll Furcht (aus der Stadt) hinaus, ängstlich umherspähend, und sprach: "O mein Herr! Errette mich vor dem ungerechten Volk!" (Sure 28:20, 21 – al-Qasas)
Diese Geschehnisse in Moses' Leben geben uns Einsicht in Moses' Charakter. Er scheint ein leicht erregbarer Mann gewesen zu sein. In jenem Kampf ergriff er sofort Partei für seinen Landsmann und tötete dessen Gegner unabsichtlich. Schließlich fürchtete er um sein Leben und floh aus Ägypten. Man kann annehmen, dass Moses generell leicht erregbar gewesen ist. Nach dem Gespräch mit Allah hingegen lernte er, nur Ihn zu fürchten und nur bei Ihm Zuflucht zu suchen. Dies ist ein sehr gutes Beispiel, wie Allah den Charakter eines Menschen stärken kann.