Moses verließ Ägypten und Pharao, der ihn aufgezogen hatte und machte sich auf den Weg nach Madyan. (Das damalige Madyan liegt östlich von Ägypten jenseits der Wüste Sinai und entspricht heute dem Südlibanon.)
An einem Wasser in Madyan traf Moses zwei Frauen, die ihre Schafherde nicht tränken konnten, weil am Wasser andere Schäfer waren, vor denen sie sich fürchteten. Wie die Quranverse berichten, war Moses' äußere Erscheinung die eines anständigen und vertrauenswürdigen Menschen. Daher zögerten die Frauen nicht, ihn anzusprechen. Sie erklärten ihm, dass sie sich wegen der Hirten zurückhielten, sie andererseits aber die Herde ihres Vaters zu weiden hätten, der dies nicht mehr selbst tun konnte, weil er ein alter Mann war. Moses half den Frauen, in dem er ihre Schafe ans Wasser führte:
Und als er zu den Wasserquellen von Madyan kam, fand er dort eine Schar Männer (ihr Vieh) tränken. Und abseits von ihnen fand er zwei Mädchen mit ihrer Herde. Da fragte er: "Was ist los?" Sie antworteten: "Wir können die Herde erst tränken, wenn die Hirten fortgezogen sind; denn unser Vater ist ein sehr alter Mann." Da tränkte er für sie... (Sure 28:23, 24 – al-Qasas)
Diese Verse geben ein Beispiel für Moses' liebenswürdigen und altruistischen Charakter. Er nähert sich zwei Fremden, hilft ihnen und erwirbt ihre Achtung. Die anderen Männer hingegen, die hier als Schäfer bezeichnet werden, zeigten anscheinend ein vollständig gegenteiliges Verhalten zum Benehmen von Moses. Dies kann man ableiten daraus, dass die Frauen den Männern offenbar aus dem Weg gingen, sich aber nicht scheuten, mit Moses zu sprechen. Wir dürfen also vermuten, dass diese Männer unvertraulich aussahen und dass ihr Benehmen grob war. (Allah weiß am besten)
Wir dürfen weiterhin daraus schließen, dass ein Muslim unter keinen Umständen ein Benehmen an den Tag legen darf, wie diese Männer es taten, die hier als Schäfer bezeichnet werden. Muslime sollten sich Vorbilder wie Moses nehmen, der freundlich, anständig und aufrichtig war. Wie Moses' Beispiel andeutet, soll ein Muslim gute Manieren entwickeln und aufrichtig sein, Eigenschaften, die unmittelbar an ihm erkennbar sein sollten.
Wir müssen hier zusätzlich anmerken, das Moses' Charakter beispielhaft die vollständige Hinwendung zu Allah aufzeigt. Als er Ägypten, das Land in dem er aufgewachsen war, verließ und alles was ihm lieb und teuer war, zurücklassen musste, hatte er keine Vorstellung davon, was die Zukunft ihm bescheren würde. Doch Allah hatte bereits eine Reihe von Geschehnissen für ihn vorherbestimmt. Moses betete wie folgt:
…Dann zog er sich in den Schatten zurück und betete: "O mein Herr! Ich bedarf dringend, was immer Du an Gutem auf mich herabsendest." (Sure 28:24 – al-Qasas)
Jemandes' Aufrichtigkeit im Gebet beweist seine Erkenntnis, dass Allah allmächtig ist, dass alle Segnungen und alles Unglück nur von ihm kommen und dass es keine andere Hilfe und keinen anderen Schutz gibt als durch Allah. Moses' oben zitiertes, in vollkommener Hinwendung zu Allah verrichtetes Gebet ist das Gebet eines Menschen, der diese Wahrheit vollständig verstanden hat. Tatsächlich erhörte Allah Moses' Gebet und hatte Erbarmen mit ihm.
Die Gefälligkeit, die Moses den beiden Frauen erwiesen hatte, sollte sich als Beginn eines neuen Lebens für ihn herausstellen. Während Moses sich ausruhte, kam eine der Frauen zu ihm, um ihm als Dank für seine Hilfe eine Einladung ihres Vaters zu überbringen:
Da kam eines der beiden (Mädchen) schüchtern zu ihm und sprach: "Siehe, mein Vater lädt dich ein, um dir den Lohn dafür zu geben, dass du für uns getränkt hast." Und als er zu ihm gekommen war und ihm seine Geschichte erzählt hatte, sprach er: "Fürchte dich nicht! Du bist dem sündigen Volk entkommen." (Sure 28:25 – al-Qasas)
Moses hatte inbrünstig zu seinem Herrn gebetet und gewünscht, er möge ihm Gutes zuteil werden lassen. Allah erhörte Moses Gebet und als sein Leben in Gefahr war, führte er ihn zu Menschen, die ihm halfen und ihm Schutz boten. Moses hatte einen guten Charakter und man vertraute ihm, weil er sich anständig benahm. Obwohl die Frauen gegenüber den Schäfern misstrauisch waren, vertrauten sie Moses und sprachen mit ihm. Eine der Frauen bat ihren Vater sogar, Moses in seine Dienste zu nehmen, weil er stark und vertrauenswürdig war:
Da sagte eine der beiden: "O mein Vater! Nimm ihn in deinen Dienst. Fürwahr, der Beste, den du verpflichten kannst, ist der, der stark und getreu ist!" (Sure 28:26 – al-Qasas)
Mit diesen Worten machte sie ihrem Vater ausdrücklich klar, dass sie Moses für einen vertrauenswürdigen Menschen hielt. Von Moses' Vertrauenswürdigkeit überzeugt, bot der alte Mann ihm an, ihn mit einer seiner Töchter zu verheiraten. Der erkennbare Anstand Moses' war ein Hauptgrund für diese Entscheidung und der alte Mann machte Moses folgenden Vorschlag:
Er sprach: "Ich möchte dir eine von meinen beiden Töchtern hier zur Frau geben unter der Bedingung, dass du mir acht Jahre lang dienst. Und wenn du zehn vollenden willst: es steht bei dir; denn ich möchte nicht hart gegenüber dir sein. So Allah will, wirst du finden, dass ich in allem gerecht bin." Er sprach: "So sei es zwischen mir und dir. Welche der beiden Fristen ich auch erfülle, es soll mich kein Vorwurf treffen. Und Allah ist Bürge unserer Worte." (Sure 28:27, 28 – al-Qasas)
Moses nahm das Angebot des alten Mannes an - der wie wir aus dem Quran wissen, ein Rechtgläubiger war - und lebte fortan in Madyan. Allah brachte Moses also zum ersten Mal in Sicherheit, indem er die Strömung des Nils ihn zu Pharao's Palast tragen ließ ohne dass er ertrank. Dann, als sein Leben in Ägypten ein zweites Mal in Gefahr war, rettete Allah ihn erneut und führte ihn in ein sicheres Leben nach Madyan.