Die Herrschaft Pharaos in Ägypten und die Lebensbedin-gungen der Kinder Israels

Neben den Stadtstaaten Mesopotamiens ist die ägyptische Zivilisation eine der ältesten der Geschichte. Das alte Ägypten verfügte über die am besten organisierte soziale und politische Ordnung jener Zeit. Die Erfindung der Schrift um 3000 v. Chr., die Bewässerung durch den Nil, die Wüsten, die das Land als natürlichen Verteidigungsgürtel umgaben, waren die hauptsächlichen Faktoren, für diese erfolgreiche Entwicklung.

Diese große Zivilisation wurde jedoch beherrscht von einem Pharao, dessen Regierung im Quran als eindringliches Beispiel für die Irrwege der Menschen beschrieben wird. Die Menschen handelten hochmütig gegen Gott, wandten sich ab von ihm und leugneten die Wahrheit. Aus diesem Grund konnten selbst ihre überlegene Zivilisation, ihre fortschrittliche soziale und politische Ordnung und ihre militärische Stärke sie nicht vor der Vernichtung bewahren.

Die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte Ägyptens fanden im Zusammenhang mit der Anwesenheit der Kinder Israels statt.

 Israel,Pharaoh in Egypt The children of Israel were enslaved by Pharaoh in Egypt and subjected to hard labour.

Israel ist ein anderer Name für den Propheten Jakob. Die Söhne Jakobs hatten den Stamm der "Kinder Israels" begründet, die später als "Juden" bekannt wurden. Die Kinder Israels wanderten zu Zeiten des Propheten Joseph, des jüngsten Sohns von Jakob, in Ägypten ein. Im Quran beschreibt Allah das Leben Josephs ausführlich in der Sure "Yusuf". Schon in seiner frühesten Jugend war er mit vielen, schier unüberwindlichen Schwierigkeiten konfrontiert worden und er war zahlreichen Angriffen und Verleumdungen ausgesetzt gewesen. Später Leben, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war, in das man ihn aufgrund falscher Anschuldigungen geworfen hatte, stieg er zum Finanzminister auf. Nach seiner Ernennung erfolgte eine stetige Zuwanderung der Kinder Israels nach Ägypten. Dies ist von Allah im Quran wie folgt beschrieben:

Und als sie bei Joseph eingetreten waren, zog er seine Eltern zu sich und sprach: "Betretet ägypten in Sicherheit, so Allah will!" (Sure 12:99 – Yusuf)

Dem Bericht im Quran zufolge verloren die Kinder Israels, die sicher und friedlich in Ägypten gelebt hatten, im Lauf der Zeit ihren sozialen Status in der Gesellschaft und wurden versklavt. Aus den diesbezüglichen Quranversen wissen wir, dass die Kinder Israels zur Zeit Moses in Sklaverei lebten. Wie von Allah im Quran beschrieben, erschien Moses vor Pharao als "ein Angehöriger eines versklavten Volkes". Die folgende, hochmütige Antwort Pharaos und seines Beraterstabes an Moses und Harun verdeutlicht uns dieses Tatsache:

Und sie sagten: "Sollen wir zwei Menschen unseresgleichen glauben, zumal ihr Volk uns unterworfen ist?" (Sure 23:47 – al-Mu'minun)

 Israel into EgyptAn ancient Egyptian mural painting depicting the entry of the children of Israel into Egypt.

Wie dieser Vers zeigt, hatten die Ägypter die Kinder Israels versklavt und sie zu ihrer persönlichen Bedienung herangezogen. Um das System der Sklaverei durchzusetzen und aufrecht zu erhalten, wandten die Ägypter verschiedene Methoden der Repression an. Die gesamte israelitische Einwohnerschaft wurde überwacht. Das Wachstum der männlichen israelitischen Bevölkerung schienen die Ägypter als Bedrohung für ihr eigenes Volk anzusehen und wurde unterbunden, während die weibliche Bevölkerung zur Fronarbeit gezwungen wurde. Jene Quranverse, in denen Allah die Kinder Israels direkt anspricht, geben ein Bild der Situation:

Und gedenkt, dass Wir euch vor dem Volke Pharaos retteten, das euch mit schlimmer Pein heimsuchte. Sie erschlugen euere Knaben und ließen nur euere Mädchen am Leben: Dies war eine große Prüfung von euerem Herrn. (Sure 2:49 – al-Baqara)

Und (denkt daran,) dass Wir euch vor dem Volk des Pharao retteten, das euch mit schlimmer Pein bedrängte und euere Söhne tötete und (nur) euere Töchter am Leben ließ. Darin lag eine gewaltige Prüfung von euerem Herrn. (Sure 7:141 – al-A'raf)

Die Religion, die Ägypten vorherrschend war, war ein Erbe der heidnischen Praktiken von Pharaos Vorfahren. Diese unrechte Religion behauptete die Existenz zahlreicher Götter. Pharao wurde zusätzlich als lebender Gott angesehen. Dieser Glaube war es, der Pharao uneingeschränkte Macht über seine Untertanen verlieh. Pharao und seine unmittelbare Umgebung sahen Moses als Bedrohung ihres Lebensstils, der ihnen durch die Religion ihrer Vorfahren gegeben war, denn nach dieser Religion war es Pharao, der alle Macht und Herrlichkeit besaß. Pharaos Vermessenheit, seine Überwachungswut, die Wahrnehmung von Moses und Harun als Rivalen werden deutlich in den folgenden Worten Pharaos und seiner Ratgeber:

Sie fragten: "Bist du zu uns gekommen, um uns von dem abwendig zu machen, was wir bei unseren Vätern vorfanden, damit ihr beide die Macht im Lande übernehmt? Wir glauben euch nicht!" (Sure 10:78 – Yunus)

Entsprechend der Religion seiner Vorfahren behauptete Pharao, er sei ein Gott. Er ging sogar so weit, sich als den ranghöchsten unter allen Göttern zu bezeichnen:

Wobei er sprach: "Ich bin euer höchster Herr!" (Sure 79:24 – an-Nazi'at)

Aufgrund ihrer abergläubischen Vorstellungen sahen Pharao und sein Hofstaat sich als heilige Wesen. Ihre Arroganz rührte von dem Umstand her, dass sie sich von Liebe, Fürsorge und Mitgefühl entfremdet hatten, Tugenden, die die wahre Religion als Leitlinie voraussetzt. Eine Folge ihrer Arroganz war, das sie sich in dem Recht glaubten, jede Art Grausamkeit begehen zu dürfen. Ihre Mentalität wird uns in folgendem Vers veranschaulicht:

Zu Pharao und seinen Anführern. Sie aber waren überheblich und ein hochmütiges Volk. (Sure 23:46- al-Mu'minun)

Pharao besaß einen solch großen Einfluss auf die ägyptische Bevölkerung, dass sie ihm bedingungslos folgte. Die Menschen glaubten, Pharao gehöre ganz Ägypten einschließlich des Nils:

slavesAn ancient Egyptian mural depicting the enslavement of the children of Israel in Egypt. In the foreground is Pharaoh and his inner circle, and in the background you can see the slaves with ropes around their necks.

Und Pharao ließ unter seinem Volk verkünden: "O mein Volk! Gehören das Königreich von Ägypten und diese Ströme, die es durcheilen, nicht mir? Schaut ihr euch denn nicht um?" (Sure 43:51 – az-Zukhruf)

Der Nil wurde zu Recht als die Lebensader Ägyptens bezeichnet. Ägypten war vollständig vom Nil abhängig wegen der Bedeutung des Flusses für die Landwirtschaft. Er bewässerte die Felder und lieferte Trinkwasser für Mensch und Tier. Nach Überzeugung von Pharao und seines Gefolges war der alleinige Eigentümer sowohl des Wassers als auch des Landes Pharao selbst. Jedermann in Ägypten billigte seine Macht und gehorchte seinen Anweisungen.

Um die Bevölkerung zu unterwerfen und seine Macht zu erhalten, hatte er sie in unterschiedliche Fraktionen hineinmanipuliert und beherrschte all diese Splittergruppen mit Hilfe einiger Ratgeber seines Vertrauens, die selbst jeweils einer der Fraktionen angehörten. In einem Quranvers schildert Allah uns diese Situation:

Fürwahr, Pharao war überheblich im Lande und spaltete sein Volk in Klassen. Einen Teil von ihnen unterjochte er, indem er ihre Söhne abschlachtete und nun ihre Frauen am Leben ließ. Er war wirklich einer derer, die Verderben stiften. (Sure 28:4 – al-Qasas)

Zur Zeit von Moses' Geburt war Ägypten zu einem Land der Verderbtheit und der Korruption verkommen. Aufgrund von purem Rassismus wurden Menschen gefoltert und versklavt. Ohne ersichtliche Rechtfertigung erließ Pharao ein Dekret, aufgrund dessen alle neugeborenen männlichen Nachkommen seiner israelitischen Untertanen getötet werden sollten. Er verfiel in Hybris und Grausamkeit, hielt sich selbst für Gott auf Erden. Durch ein wohletabliertes System von Vorschriften und Bestimmungen konnte Pharao alles überwachen und zwang die Menschen dazu, an ihm festzuhalten.

Solche Zustände herrschten, als Moses von Allah als Botschafter gesandt wurde, der Tyrannei und Grausamkeit ein Ende zu bereiten, die Menschen daran zu erinnern, dass Allah unser Herr ist, sie die wahre Religion zu lehren und die Kinder Israels aus der Gefangenschaft zu befreien.