Als Jakob die Neuigkeiten erfuhr und den Beweis sah, daß Joseph am Leben war, kam die so lange aufrecht erhaltene Lüge der Brüder ans Licht. Sie hatten ihrem Vater gesagt, Joseph sei von Wölfen gefressen worden. Die Söhne baten Jakob um Vergebung:
Sie sagten: "O unser Vater! Verzeihe uns unsere Sünden! Wir waren fürwahr Sünder." Er sprach: "Ich werde euren Herrn um Verzeihung für euch bitten. Seht, Er ist der Verzeihende, der Barmherzige."(Sure Joseph 12:97-98)
Jakob sagte, er werde nicht sofort, sondern später um Vergebung für sie nachsuchen. Warum suchte er nicht sofort Vergebung für seine Kinder? Vielleicht wollte er zunächst ihr weiteres Verhalten abwarten und sehen, ob sie wirklich den falschen Weg verlassen hatten und nunmehr aufrichtig wahren. Aus diesem Grund wollte er vielleicht erst dann für sie beten, wenn er sich seine Meinung gebildet hatte. Gott weiß es am besten.
Am Ende es Verses erinnert Jakob die Söhne an Gott’s mitfühlende und verzeihende Natur. Dies tat er, damit sie auf Gott’s Vergebung hoffen konnten und sie sich Ihm in aufrichtiger Reue zuwenden würden.
Verheißen hat Allah denen von euch, die glauben und das Rechte tun, dass Er sie zu Statthaltern(Seiner Macht) auf Erden einsetzen wird, so wie Er es denen, die vor ihnen lebten, gewährte; und dass Er ihnen ihre Religion, so wie Er sie für sie gutgeheißen hat, befestigen will; und dass Er ihre Furcht in Sicherheit verwandeln will. "Sie sollen Mir alleine dienen; Sie sollen Mir nichts an die Seite stellen." Und wer danach ungläubig ist, das sind die Missetäter.(Sure An-Nur 24:55)
Der Quran berichtet die weiteren Ereignisse:
Und als sie bei Joseph eingetreten waren, zog er seine Eltern zu sich und sprach: "Betretet Ägypten in Sicherheit, so Gott will!" (Sure Joseph 12:99)
Das erste, was Joseph tat, als er seine Familie sah, war, sie an seine Brust zu drücken und zu versichern, daß sie nicht in Gefahr sei. Jemanden zu umarmen ist ein aufrichtiger Ausdruck von Liebe. Eine Garantie der Sicherheit ist eine sensible Geste, nach der sich die Betroffenen entspannen können. Es muß überaus beruhigend gewesen sein für diese Menschen, die eine lange Reise hinter sich hatten und vielen Unwägbarkeiten ausgesetzt gewesen waren, nun zu wissen, an einem angenehmen Ort in Sicherheit waren. Das ist ein Beispiel, dem Gläubige folgen sollten. Einen Gast unter seinem Dach aufzunehmen und ihm zu versichern, er sei willkommen, den Schutz und die Behaglichkeit des eigenen Hauses zu genießen, ist ein schöne Geste, auf die der Quran besonders aufmerksam macht:
Doch die Gastfreundschaft und Sympathie des Propheten Joseph beschränkte sich nicht darauf. Der Quran beschreibt, wie er seinen Eltern Respekt erwies:
Und er ließ seine Eltern auf dem Thron Platz nehmen, aber sie warfen sich ehrfürchtig vor Ihm nieder. … (Sure Joseph 12:100)
Seine Eltern auf den Thron zu setzen ist ein Zeichen hohen Respekts. Sein Vater war ein Prophet, den Gott mit Wissen gestärkt hatte. Sie zeigten große Bescheidenheit angesichts von Joseph’s respektvollem Verhalten ihnen gegenüber.
Der Vers spricht davon, daß seine Familie sich vor ihm verneigte. Es muß eine verbreitete Form des Erweisens von Respekt gewesen sein zu jener Zeit, und selbstverständlich hat das mit Anbetung nichts zu tun. Unwissende Menschen zögern in solchen Situationen, sich aufrichtig und respektvoll zu verhalten. In unwissenden Gesellschaften vermeiden es die Menschen um jeden Preis, sich als Zeichen des Respekts zu verbeugen, ganz besonders wenn es sich um jemanden handelt, der jünger ist als sie selbst.
Doch Joseph’s Verhalten und das Verhalten seiner Familie beruhten auf Respekt, Liebe und Bescheidenheit. Es ist eine perfekte Beschreibung, wie eine gläubige Familie sein soll.
Nun erzählte Joseph alles, was ihm seit der Trennung widerfahren war und enthüllte den tadellosen Plan Gottes:
… Und er sprach: "O mein Vater, dies ist die Deutung meines früheren Traums. Nun hat es mein Herr wahrwerden lassen. Er hat mir Gutes erwiesen, als Er mich aus dem Gefängnis befreite und euch aus der Wüste erbrachte, nachdem Satan zwischen mir und meinen Brüdern Zwietracht gestiftet hatte. Fürwahr, mein Herr findet Mittel und Wege für das, was Er will. Siehe, Er ist der Wissende, der Weise. (Sure Joseph 12:100)
Man wird sich erinnern, daß Joseph von elf Sternen geträumt hatte, von Sonne und Mond, die sich vor ihm verneigten. Das nun, Jahre später, seine Mutter, sein Vater und seine Brüder ihm große Achtung entgegenbrachten und sich respektvoll vor ihnen verneigten, daß seine Brüder zu ihm gekommen waren, als sie ihn brauchten, war die Erfüllung dieses Traums.
Während Joseph all dies erzählte, rief er Gott an und pries Seinen Namen. Er machte klar, daß alle Ereignisse, die ihm und der Familie widerfahren waren, als Teil von Gott’s Plan stattgefunden hatten. Das ist das Verständnis, das ein Gläubiger zeigen sollte und die angemessene, beispielhafte Redeweise.
Eine weitere Eigenschaft Josephs, die bemerkenswert ist, ist die Art und Weise, in der er an allem die positiven Seiten sah und alles, was ihm widerfuhr, in einer vorteilhaften Weise interpretierte. Zum Beispiel sagte er, Gott habe ihm einen Gefallen getan und ihn aus dem Kerker befreit. Das ist die Haltung, die ein Gläubiger einnehmen soll, und sie beweist, daß er alles in positiver, optimistischer Erwartung ansah. Joseph war auf der Seite Gottes und er vermied des Wort und jedes Verhalten, das negativ war oder undankbar gegen etwas, daß Gott erschafft. Er sagte, “Mein Herr ist gut zu jedem, den Er will. Er ist in der Tat allwissend und weise.“ So setzte der Prophet Joseph ein Beispiel für alle Gläubigen.
In diesem Buch haben wir diskutiert, wie sehr der Prophet Joseph Gott zugetan war, wie er von Ihm beschützt wurde und wie er Ihm oftmals dankte. Der folgende Vers zeigt dies mit diesen inspirierenden Worten, die Gott ihm eingab:
Mein Herr, du gabst mir die Herrschaft und lehrtest mich die Deutung des Geschehenen. Schöpfer der Himmel und der Erde, Du bist mein Hort in dieser Welt und in der nächsten; lass mich zu Dir verscheiden als ein Gottergebener und vereine mich mit den Gerechten." (Sure Joseph 12:101)
Joseph war sich immer bewußt, daß alle Eigenschaften, die er besaß, die materiellen Vorteile und sein Wissen und seine Vernunft ihm von Gott gegeben worden waren. Doch wer die wahre Religion zurückweist, wer glaubt, alles durch eigene Bemühungen zu erreichen, erhöht sich nur selbst und ist undankbar gegen Gott’s Segnungen.
Das Gebet Josephs aus dem obigen Vers ist ein weiterer Ausdruck des Glaubens und seiner Gottesfurcht. Obwohl er ein von Gott auserwählter Prophet war, wollte er als Gläubiger sterben und der Gemeinschaft der Rechtschaffenen zugehören. Was die eigene Position im Jenseits angeht, so gibt es keine Garantien dafür. Joseph hatte eine ehrliche Gottesfurcht und er wandte sich an Ihn, wenn er Ihn brauchte.
Das ist das Verhalten, das dem Gläubigen ansteht. Wer sich selbst des Paradieses für wert hält, wer behauptet, als geliebter Diener Gottes definitiv im Jenseits gerettet zu werden, und wer in seinem Hochmut andere Menschen herabwürdigt, ist in einem haltlosen Zustand. Der wahre Gläubige unterwirft sich immer Gott, er ist immer auf der Hut davor, Sein Wohlgefallen nicht zu verlieren und er handelt mit der Bescheidenheit, die solches Bewußtsein mit sich bringt.
Die Pflicht eines jeden Muslims ist es, ein aufrichtiger, unterwürfiger, bescheidener Gläubiger zu sein, wie der Prophet Joseph, und aufrichtig zu beten: “So nimm mich bei meinem Tod als Muslim zu Dir und vereine mich mit den Rechtschaffenen.“