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Den Pfad derer, denen Du gnädig bist, nicht derer, denen Du zürnst, und nicht der Irrenden. (Sure Ibrahim: 7) |
Die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts, die Millionen von Menschen das Leben kosteten, zerstörte und verbrannte Städte, dem Erdboden gleichgemachte Siedlungen und die Konzentrationslager sind ein abstoßendes Beispiel für die Menschheit. Die westliche Welt zog aus diesem historischen Drama einige sehr wichtige Lektionen für die Nachkriegsordnung. Dabei stand ganz an der Spitze die Einsicht, daß einer der wirkungsvollsten Wege, möglichen Problemen der Zukunft leichter und schneller Herr zu werden, ein zu gründendes Bündnissystem sein würde. Bereits vorher hatten sich verschiedene europäische Länder darum bemüht, Bündnisse zu formen, die aber wegen der vom Profit bestimmten Beziehungen und aufgrund ideologischer Differenzen nicht von langer Dauer waren. Allerdings war sich die westliche Welt diesmal klar darüber geworden, daß das zu gründende Bündnis über eine wirtschaftliche Zusammenarbeit und einen gemeinsamen Verteidigungspakt hinauszugehen hat, und daß eine Einheit im Rahmen der gemeinsamen kulturellen Werte Europas notwendig war. Dies war eine lange und schwierige Phase.
Der Krieg hatte die Ökonomie der starken Staaten Europas in die Knie gezwungen und die Industrie war schwer beschädigt. Man musste die zerstörten Städte neu aufbauen und die Infrastruktur instand setzen. Nach dem 2. Weltkrieg begannen die Unabhängigkeitsbewegungen in den Kolonien der Siegermächte. Unter diesen Bedingungen war es schwer, die Stabilität aufrechtzuerhalten und eine Union zu bilden. Die im Jahre 1951 geformte Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) war der erste Schritt mit dem Ziel eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Dieses Bündnis, das später zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), dann zur Europäischen Gemeinschaft (EG) und zuletzt zur Europäischen Union (EU) wurde, entwickelte sich zu einer starken Einheit, in der freier Waren- Dienstleistungs- und Kapitalverkehr möglich sind und in der Freizügigkeit, einschliesslich der freien Wahl des Arbeitsplatzes herrschen. Inzwischen existieren Supranationale EU-Institutionen sowie für die EU-Mitgliedsstaaten verbindliche Gesetze und eine gemeinsame Währung. Die Europäische Union ist heute ein geopolitischer Faktor.
Das Modell der Europäischen Union kann als ein beispielhaftes Modell für die zu errichtende Union der Islamischen Welt betrachtet werden.
Die Islamische Konferenz mit ihren 56 Mitgliedsländern ist die weltweit größte Muslimische Organisation, die Muslime unter einem Dach versammelt. Doch auch außerhalb dieser Organisation entstanden zwischen muslimischen Ländern einer Region unterschiedliche Handels- und Militärabkommen sowie regionale Unionen. Allerdings benötigt die Islamische Welt eine umfassendere Union mit einer Repräsentanz, die über die Vollmacht verfügt, bindende Beschlüsse zu fassen, die eine gemeinsame Politik entwickelt und diese mit Bestimmtheit durchsetzt, die eine Stimme für die gesamte Muslimische Welt ist und die sich nicht nur mit den Problemen von Muslimen einer bestimmten Region sondern mit den Problemen aller Muslime befasst, hierfür Lösungen erarbeitet. Der Tätigkeitsbereich dieser Union muß den wirtschaftlichen, militärischen und sozialen Bereich einschließen. Dank dieser Union werden unter den Muslimischen Ländern Konsens und Kompromissfähigkeit entstehen und der Geist der Solidarität wird sich entwickeln. Auf diese Weise werden zunächst die Sicherheitsprobleme der Mitgliedsländer gelöst werden, während später durch vielseitige Abkommen zur Zusammenarbeit das Wohlstandsniveau der Mitgliedsländer erhöht werden wird. Es wird möglich sein, Strategien zum Wohl der Muslimischen Welt zu entwickeln.
Die Entwicklungen, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Palästina, in Bosnien, im Kosovo, und Nagorni Karabach vonstatten gingen, konfrontierte die Muslimische Welt mit grossen Problemen. In diesen Regionen, in denen Tausende von Zivilisten ihr Leben verloren, Kinder zu Waisen wurden und Grausamkeit und Gewalt herrschten, erinnerte das fehlende oder zu späte Eingreifen der westlichen Welt und die Schwerfälligkeit, mit der die notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden, die Muslime ein weiteres Mal an die Verantwortung, die die Islamische Welt zu übernehmen hat. Der Schutz der Muslimischen Bevölkerung und die Befriedigung ihrer Bedürfnisse ist vor allem anderen die Pflicht der Muslime, und die Islamische Welt ist gezwungen, diesbezüglich in höchstem Maße aktiv zu werden.
Die Muslimischen Länder werden nur dann zu einer Kraft, die die Sicherheit aller Muslime garantieren kann, wenn sie auf der internationalen politischen Plattform mit einer für alle Muslime sprechenden Stimme vertreten sind.
Die Islamische Welt ist gezwungen, sich in militärischer, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht als ein Block zu formieren. Eine Islamische Welt, die über einen inneren Zusammenhalt verfügt, wird auch das Vertrauen der Weltgemeinschaft haben und den radikalen Elementen und Theorien, die einen Zusammenprall der Kulturen herbeiwünschen, den Boden entziehen.
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Die Europäische Union kann der Islamischen Union ein Beispiel sein. Die Besonderheit der Europäischen Union liegt darin, daß sie auf dem Wertekatalog der europäischen Kultur beruht, wobei die nationale Souveränität der Mitgliedsländer und ihre Regierungsform garantiert bleiben, und wobei gleichzeitig ein Wertesystem intrat, das auf der "europäischen Kultur" errichtet ist. Auf der Grundlage dieses Wertesystems wird im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich zusammengearbeitet; auch bestehen zentrale Gesetzgebungs- und Ausführungsorgane, die diese Zusammenarbeit vorwärts bringen.
Die Islamische Union muß ebenfalls über eine Struktur verfügen, die die Unabhängigkeit der Mitgliedsländer, deren Grenzen, sowie die Interessen und Rechte eines jeden Landes schützt. Gleichzeitig müssen Beschluß- und Ausführungsorgane geschaffen werden, die entsprechend der Vision der Vereinigung dieser Länder mit gemeinsamer Islamischer Kultur eine gemeinsam Politik entwickeln und diese umsetzen. Das Ziel ist nicht ein struktureller Zusammenschluss der Staaten, sondern eine Vereinigung im Rahmen gemeinsamer Politik, die auf gemeinsamen Interessen basiert.
Atatürk, der mit seinem modernen Staatsverständnis die Republik Türkei errichtete und diese zur bisher einzigen Demokratie unter den Muslimischen Staaten machte, vertrat Auffassungen, über eine Struktur mit deren Hilfe die Islamische Welt Einheit und Zusammenhalt herbeiführen könnte. Die Richtigkeit der Feststellungen Atatürks, der feststellte, daß eines der wichtigsten Elemente eines Staates dessen nationale Grenzen seien, bewies sich in der Vergangenheit. Wie bekannt ist, ging ein Teil der Völker, die auf osmanischem Boden lebten, nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches eine Einheit mit ausländischen Mächten ein. Diejenigen, die diesen Weg wählten weil sie auf verschiedene Vorteile hofften, fielen unter die Vorherrschaft der Länder, mit denen sie zusammen arbeiteten und wurden kolonialisiert. Einige dieser Völkersandten in den ersten Jahren der Republik Vertreter zu Mustafa Kemal und beschwerten sich über den Mangel an Scharfblick ihrer Führer, die sie in die Abhängigkeit einer Kolonie geführt hatten und einige von ihnen drückten sogar den Wunsch nach einer Union mit der Republik Türkei aus. Die Antwort, die Atatürk auf diesen Vorschlag gab, ist ein wichtiger Hinweis, wie das Fundament einer Islamischen Union auszusehen hat:
Wir empfinden reine Freude darüber, daß die Islamische Welt ebenso geistig wie auch materiell zu einer Union und zu Alliierten wird. Deshalb müssen, ebenso wie wir innerhalb unserer Grenzen unabhängig sind, die Syrer und Iraker als eine unabhängige Kraft, gestützt auf nationale Souveränität, auftauchen.
Wie zu erkennen ist, lag für Atatürk die Betonung auf der Unabhängikeit dieser Länder. Atatürk, der sich der Bedeutung der Islamischen Union wohl bewußt war, legte Wert darauf, daß die Mitglieder ihre Unabhängigkeit innerhalb ihrer nationalen Grenzen gewinnen und zu Staaten werden müssten, die sich auf einen nationalen Willen stützen und auf eigenen Beinen stehen können. Erst dann kann die Union die von ihr erwartete Wirkung entfalten. Deshalb ist es auch heute in höchstem Maße wichtig, daß die Mitglieder dieser zu gründenden Organisation ihre Einheit und Unabhängigkeit schützen.
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The military, political, and economic unity of the Islamic world will enable a better use of the available resources and allow it to accomplish major cultural and economic development. |
Dank dieser Union werden die Muslime dieser Welt direkt miteinander in Verbindung stehen, die Sorgen eines jeden aus der Nähe kennenlernen und miteinander solidarisch sein. Aller Separatismus, Parteipolitik und ethische Herkunft werden beiseite geschoben werden und der Grundsatz "alle Muslime sind Brüder" wird zur Basis werden. Die Tatsache, daß zwischen den unterschiedlichen Ansichten, Bewertungen und Modellen, die heute in der Islamischen Welt vorherrschen keine Einigkeit besteht, hindert die Muslime an einem gemeinsamen Vorgehen. Der Aufruf dieser Organisation zur Zusammenarbeit wird nicht nach ethnischen Wurzeln, wirtschaftlichen Bedingungen oder geografischer Lage erfolgen; alle Feindschaft, die aus rassischen, sprachlichen und kulturellen Besonderheiten resultiert, wird unter dem Dach dieser Einheit aufgehoben sein. Das Zusammengehörigkeitsverständnis der Union wird sich nicht auf die Überlegenheit einer Gesellschaft oder Kultur über die jeweils andere stützen; vielmehr wird ein solidarischer Geist herrschen, der auf Toleranz, Liebe und Freundschaft basiert, in der alle gleich sind.
Eines der grundlegenden Ziele der Errichtung der Islamischen Union muß die Einrichtung einer zentralen Autorität sein, die den Muslimen generell die Richtung weist. Aus diesem Grund ist für diese Zentrale eine Struktur Bedingung, die alle Muslime anspricht, die also unterschiedliche Ansichten harmonisieren kann. Die Islamische Union muß die grundlegenden Islamischen Werte und Glaubensrichtungen als Norm annehmen, Unterschiede bei der Ausübung und den Ansichten tolerieren und diese Unterschiede in einen kulturellen Reichtum verwandeln. Solche Unterschiede dürfen keinesfalls zu Elementen werden, die eine gemeinsame Beschlußfassung und die tatkräftige Umsetzung des politischen Willens behindern. Alle Streitigkeiten unter den Muslimischen Ländern müssen in dieser Zentrale geklärt und Auseinandersetzungen beseitigt werden. Eine Islamische Welt, die ihre eigenen Probleme selbst lösen kann wird mit Leichtigkeit eine Lösungsmöglichkeit für die Probleme finden, die mit den Mitgliedern anderer Kulturen entstehen. Einem Zentrum, das in dieser Form alle Muslime vereinigt, ist es auch möglich, eine gemeinsame Politik hervorzubringen und diese praktisch durchzuführen.
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Ganz am Anfang der zu behandelnden Themen stehen hier politische Probleme wie Palästina, Kaschmir und Irak, die geistige Auseinandersetzung mit dem Terrorismus, Rückständigkeit, Armut, Gesundheitswesen und Erziehung. Dies sind nicht Probleme, die alle Muslime direkt betreffen und für deren Lösung die Solidarität der Islamischen Welt erforderlich ist. Niemand kann sinnvollerweise behaupten, daß die Ereignisse in der Al Aksa Moschee nur die Palästinenser betrifft, daß die den Grausamkeiten ausgesetzten Muslime im Kaschmir sich um sich selbst kümmern sollten, oder daß die Kinder, die in der Islamischen Welt vor dem Verhungern stehen, das Problem des betreffenden Landes sind. Der Glaube der Muslime erlaubt ein solches Denken nicht.
Da jedoch die Muslime bisher keine starke Union errichten konnten, schlagen bei diesen und ähnlichen Themen an ihrer Stelle andere Länder Lösungsmöglichkeiten vor. Diese Vorschläge stimmen nicht mit den Interessen der Muslime überein oder gehen nicht über Pläne mit kurzfristigen Lösungen hinaus. In vielen Regionen, in denen es zu Auseinandersetzungen und Streitigkeiten kommt, ist es hinderlich, daß die Muslime nicht in einer starken Position sind und bei den dargelegten Vorschläge nicht lenkend eingreifen können. Projekte, die den Muslimen als "Friedensplan" vorgelegt werden, enthalten meistens Artikel, die diese in weitere Bedrängnis und Schwierigkeiten bringen. Zum Schutze der Rechte der Muslime ist die Islamische Welt verpflichtet, eine gemeinsame Haltung zu entwickeln.
Dies setzt jedoch das Vorhandensein einer Zentrale voraus, ebenso wie die Entwicklung von Organen der Beschlussfassung und der Ausführung, und die Gründung aller notwendigen Unterorgane. Die Tätigkeit der Union muss vertrauenerweckend sein, und die Mitglieder müssen sicher sein, daß ihre eigenen Rechte von der Union aufs Beste geschützt werden.
Um sich ändenden politischen Bedingungen anpassen zu können benötigt die Islamische Union Flexibilität; aber sie braucht auch Weitblick um die notwendigen Strategien zu entwickeln. Es ist klar, daß eine Organisation nötig ist, die nicht nur reagiert und sich damit begnügt zu tadeln, sondern die eine aktive, die Initiative ergreifende Institution darstellt. Dieser Zentrale wird die Aufgabe der Kontrolle und Koordination übertragen werden, und deren Aktivitäten müssen die Interessen aller Mitgliedsländer umfassen. Die Union wird alle Entwicklungen in objektiver Weise bewerten und muß alle Forderungen der Islamischen Welt berücksichtigen. Die Islamische Union, die Krisen beilegt, die unter den Mitgliedsländern entstehen können, die Auseinandersetzungen um Profit löst und die als ein Mechanismus wirkt, der die Muslime in ihren Beziehungen zu anderen Gesellschaften schützt, eine solche Islamische Union wird den kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Einfluß der Islamischen Welt erhöhen.
Damit die Islamische Union die Muslime zu einer einzigen Kraft formt und den Muslimischen Ländern Geschlossenheit verschafft, ist es von besonderer Bedeutung, daß die modernen gesellschaftlichen Werte geschützt werden, daß dem Recht und den Menschenrechten Achtung erwiesen wird und daß das demokratische Verständnis als Fundament betrachtet wird. Man darf nicht vergessen, daß diese Werte das Wesen der Islamischen Moral ausmachen.
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Obey Allah and His Messenger and do not quarrel among yourselves, lest you lose heart and your momentum disappear. And be steadfast. Allah is with the steadfast. (Sure al-Anfal: 46) |
Das Ziel der Islamischen Union darf nicht nur Frieden für die Muslime sein, sondern muss Frieden für die gesamte Welt sein; dabei haben Beschlüsse und deren Durchführung von friedliebender und aussöhnender Art zu sein. Das Wesen des Islam ist die gute Moral, die Gott im Quran mitteilte. Diese Moral macht es erforderlich, daß die Gläubigen gütig, verträglich, teilnahmsvoll, tolerant, gerecht, verständnisvoll, geduldig und opferbereit sind. Der Islam lädt die Menschen zu einer Welt voller Ruhe und Frieden ein. Vers 208 der Sure al-Baqara befiehlt folgendermaßen:
O ihr, die ihr glaubt! Gebt euch Gott ganz und gar hin und folgt nicht den Fußstapfen des Satans; siehe, er ist offenkundig euer Feind.
Muslime sind Menschen, die den Befehlen Gottes gehorchen, die sich bemühen die Quranische Moral sorgfältig zu praktizieren, die die Welt verschönern, gestalten und die für Frieden und Ruhe sorgen. Das Ziel ist, den Menschen mit gutem und wohltätigem Verhalten gegenüberzutreten. Muslime bemühen sich, die endlose Barmherzigkeit und Liebe unseres Herrn auch in sich selbst zu manifestieren. Gott zeigt im Quran eine gefällige Moral, die ihrer Umgebung stets zum Vorteil gereicht und die Menschen auf den rechten Weg ruft. In einem Vers wird der Unterschied zwischen Menschen, die ihrer Umwelt nicht von Nutzen sind und Menschen, die sich ständig um das gemeinsame Wohl bemühen dargestellt:
Und noch ein Gleichnis von Gottes von zwei Männern: Der eine ist stumm und zu nichts imstande und für seinen Herrn eine Last und er bringt nicht Gutes, wohin er ihn auch schickt. Ist er etwa dem gleich, der befiehlt, was Rechtens ist, und sich auf dem rechten Weg befindet? (Sure an-Nahl, 76)
Die in diesem Vers mitgeteilte Weisheit muß für die Islamische Union ein Wegweiser sein. Denn die Islamische Union muß das Verständnis von Opferbereitschaft, Brüderlichkeit, Freundschaft, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit, Treue und Loyalität, das den Menschen die religiöse Moral gewinnen läßt, auf das Beste vertreten.
Die Islamische Moral, die die Ideen der Menschen, deren Meinungsfreiheit und Freiheit des Lebens sichert, verbietet Spannungen unter den Menschen, Streitigkeiten und üble Nachrede. In einer von Muslimen entwickelten Union ist es erforderlich, diese Grundprinzipien als Basis zu nehmen und für den Frieden auf der Welt tätig zu sein.
Die Quranische Moral fordert von den Muslimen, sich von Krieg und allen Auseinandersetzungen fern zu halten, Streitigkeiten durch Beratung und Meinungsaustausch zu schlichten und versöhnlich zu sein. Dem Quran zufolge ist Krieg das letzte Mittel, auf das nur gezwungenermaßen zurückzugreifen ist und das nur innerhalb bestimmter humanitärer und moralischer Grenzen einzusetzen ist. Die Gläubigen bevorzugen bei Problemen stets Frieden und Versöhnung und sind nur dann verpflichtet, Krieg zu führen, wenn sie angegriffen werden.
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Not so! All who submit themselves completely to Allah and are good-doers will find their reward with their Lord. They will feel no fear and will know no sorrow. (Sure al-Baqara: 112) |
Dieser Vers erläutert folgendermaßen, daß es die Verderben Stiftenden sind, die auf der Welt Kriege hervorrufen und daß Gott eben diese nicht liebt:
... So oft sie ein Feuer zum Krieg anzünden, wird es Gott verlöschen. Doch auf Erden stiften sie mit Vorliebe Verderben. Gott aber liebt die Verderben Stiftenden nicht. (Sure al-Ma'ida, 64)
Die Verkündung des Quran an den Propheten (s.a.w.s) dauerte ganze 23 Jahre. Die ersten 13 Jahre davon lebten die Muslime als Minderheit in der heidnischen Ordnung von Mekka und waren großer Unterdrückung ausgesetzt. Zahlreiche Muslime wurden gefoltert, manche wurden getötet, Haus und Besitz der meisten wurde geplündert und sie waren ständiger Beschimpfung und Bedrohung ausgesetzt. Trotzdem lebten die Muslime ohne Gewalt anzuwenden weiter und riefen die Heiden zum Frieden auf. Als schließlich der Druck der Heiden nicht mehr auszuhalten war, wanderten die Muslime in die Stadt Yesrib (später Medina) aus, wo sie ein freieres, freundschaftliches Umfeld vorfanden und gründeten dort ihre eigene Herrschaft. Doch auch nachdem sie ihr eigenes politisches System errichtet hatten, führten sie keinen Krieg gegen die angriffslustigen Heiden von Mekka. Die Besonderheit der Islamischen Gesellschaft ist Mäßigung und Ausgeglichenheit, den Menschen Gutes nahezulegen und vor Schlechtem auf der Hut zu sein. In Vers 143 der Sure al-Baqara teilt unser Herr mit, daß die Muslime den Menschen Zeuge und Beispiel sein sollen. In einem anderen Vers wird folgendermaßen mitgeteilt, daß die Muslime eine der Menschheit Glück bringende Gesellschaft sein sollen:
Ihr seid die beste Gemeinschaft, die für die Menschen erstand. Ihr gebietet das Rechte und verbietet das Unrechte und glaubt an Gott… (Sure Al-Imran, 110)
Es liegt auf der Hand, daß eine Organisation der Muslime, die die, von Gott im Quran gebotenen Eigenschaften lebt, notwendigerweise zum Beschützer all der guten Moral und deren bester Vertreter wird. Dies zeigt, welche Strategie die Islamische Union verfolgen muß. Sie hat zuerst die Meinungsverschiedenheiten unter den Muslimischen Ländern beizulegen und der Islamischen Welt Frieden zu bringen, muß jedoch auch eine Kraft sein, die den überall auf der Welt Streit und Krieg provozierenden Bewegungen entgegentritt und alle kriegstreibenden Versuche verhindert. Sie hat bei globalen Angelegenheiten, wie dem Kampf gegen den Terrorismus und gegen internationale Kriminalität, die eines der wichtigsten Probleme unserer Zeit darstellen, sowie bei der Kontrolle von Massenvernichtungswaffen mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, und beim Kampf gegen diese Elemente die Führung zu übernehmen.
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Das gegenwärtige Umfeld beeinflußt nicht nur die Muslime selbst, sondern zahlreiche unschuldige Menschen überall auf der Welt. Armut, fehlende Moral, unausgewogene Einkommensverteilung, Unterdrückung, Streit und Ungerechtigkeit betreffen Millionen Menschen. Verhungernde Kinder und alte Menschen, die auf der Straße ihrem Schicksal überlassen sind, Flüchtlinge die gezwungen sind, ihr Leben in Zelten oder Baracken zu fristen und Kranke, die wegen Geldmangels nicht behandelt werden können, sind nicht nur das Problem Muslimischer Länder sondern bestehen auch in vielen Ländern, die von sich behaupten, entwickelt zu sein.
Verfolgte, bedürftige Menschen erwarten eine helfende Hand, die sich ihnen entgegenstreckt. In einem Vers wird die Verantwortung, die den dabei Muslimen zufällt folgendermaßen formuliert:
Und was ist mit euch, dass ihr nicht auf Gottes Weg kämpft und für die hilflosen Männer, Frauen und Kinder, die da sprechen: "Unser Herr, führe uns aus dieser Stadt hinaus, deren Einwohner Unterdrücker sind. Und gib uns von Dir einen Beschützer, und gib uns von Dir einen Helfer!" (Sure an-Nisa, 75)
Die Versammlung der Muslimischen Länder unter dem Dach der Islamischen Union wird die Spannungen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen genauso beseitigen wie für Meinungsverscheidenheiten unter Muslimen. Heute versuchen westliche Länder und internationale Organisationen, die unter deren Kontrolle stehen, die Auseinandersetzungen zwischen den Muslimen zu schlichten. Doch scheint es auf Dauer unwahrscheinlich zu sein, daß ausländische Mächte, denen Kultur und Geschichte der Muslimischen Länder fremd sind, die Probleme der Islamischen Welt lösen können, wenn sie auch mitunter von Erfolg gekrönt sind. Muslimische Länder sind fähig all ihre Probleme selbst zu lösen. Überdies werden Muslimische Interessen besser von Muslimen vertreten, und das Handeln der Islamischen Welt in Gestalt einer Union ist zudem ein Zeichen von Stärke und Stabilität. Eines der größten Bedrängnisse der Islamischen Welt ist ihre Schwäche, eine gemeinsame Politik zu verfolgen und in Bereichen die sie selbst direkt betrifft, wirksame Strategien zu entwickeln.
Die Islamische Union ist verpflichtet, insbesondere Abhilfe für das Leid der Muslime zu schaffen und die Ruhe und Sicherheit zu gewährleisten, die diese suchen. Jedes Muslimische Land hat eigene politische, und wirtschaftliche Probleme. Auch in den anderen Regionen der Welt existieren die unterschiedlichsten Probleme. Alle diese Probleme erfordern das Ergreifen von Maßnahmen, die zu individuellen Lösungen führen müssen. Das Grundproblem und die Lösung für dieses Problem ist überall gleich. Viele Entwicklungen, die bei den Menschen Bedrängnis und Unbehagen hervorrufen, resultieren darin, daß die Quranische Moral nicht gelebt wird. Der Grund für die Unfähigkeit zur Problemlösung ist die Tatsache, daß die Ereignisse nicht unter Berücksichtigung des Quran bewertet werden. Die Lösung für alle Probleme liegt in den Werten der Quranischen Moral: Offenheit, praktisches Denken und Weitblick, moralische Tugenden wie Aufrichtigkeit, Opferbereitschaft, Gerechtigkeit und Liebe des Guten.
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Allah calls to the Abode of Peace and He guides whom He wills to a straight path. (SureYunus: 25) |
Tatsächlich besteht ein wichtiger Zusammenhang zwischen der Lösung wirtschaftlicher Probleme und der gesellschaftlichen Moral. In einer Gesellschaft, die die Islamische Moral befolgt, gibt es keine soziale Ungerechtigkeit. Denn Gott gebot den Menschen im Quran, daß sie das, was über ihre Bedürfnisse hinausgeht, mit denjenigen teilen sollen, die bedürftig sind. Verschwendung ist von Gott verboten. Die Quranische Moral gebietet, dass nicht nur bestimmte Menschen von den materiellen Möglichkeiten profitieren und besagt, daß es kein Vorrecht für bestimmte Menschen gibt. Die quranische Moral erfordert Solidarität und befiehlt den Menschen, die Bedürfnisse des anderen zu berücksichtigen.
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Manche Gläubigen verfügen sogar über eine so aufopferungsbereite Moral, daß sie, auch wenn sie selbst bedürftig sind, ihre Speisen zuerst den Armen und Gefangenen anbieten.
Dies tun sie zudem nicht zur Zufriedenheit des anderen, sondern um das Wohlgefallen Gottes zu gewinnen. Im Quran wird dies folgendermaßen mitgeteilt:
Und die den Armen und die Waise und den Gefangenen speisen, auch wenn sie der Nahrung selbst bedürfen. "Seht, wir speisen euch um Gottes willen Wir wollen weder Belohnung von euch noch Dank. (Sure al-Insan, 8-9)
Solidarität und Hilfsbereitschaft unter Individuen kann mit Leichtigkeit auch in internationalen Beziehungen gewährleistet werden. Auch hier weist die Islamische Moral den Mitgliedsländern der Islamischen Union den Weg.
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Es ist inakzeptabel, daß es auf der einen Seite Länder mit völlig übertriebenem luxuriösen Konsumverhalten gibt, während auf der anderen Seite Tausende von Neugeborenen verhungern. Jeder Mensch, der über ein Gewissen verfügt, empfindet dabei Unbehagen.
Viele wohltätige und internationale Organisationen sind heute tätig, um diesen Ländern zu helfen. Doch diese Unternehmungen gehen nicht über das Versenden von Hilfspaketen in diese Regionen hinaus. Es ist auch meistens nicht möglich, die Hilfe den "richtigen Menschen zukommen zu lassen. Es ist notwendig, die Systemmängel der rückständigen Länder an der Wurzel zu packen. Korruption und organisiertes Verbrechen müssen ausgeschaltet werden, und in der Gesellschaft muss mittels Erziehung ein völlig neues Bewußtsein entwickelt werden: Gestützt auf die vom Quran befohlene Moral wird der Verschwendung vorgebeugt, ein solidarischer Geist entwickelt, die Bereitschaft zum Teilen unter den Menschen gefördert und das Benutzen des Gewissens gelehrt. So wird es möglich werden, wirtschaftliches Ungleichgewicht völlig auszugleichen. Diese Lösungen werden am wirkungsvollsten von der Islamischen Union in der Islamischen Welt ausführt.
In einer Gesellschaft, in der die wahre Islamische Moral vorherrscht, sind Rechte und Freiheit des Individuums von großer Bedeutung. Persönliches Recht und Freiheit werden garantiert. Der Quran macht klar, daß alle Menschen vor Gott gleich sind, und dass Überlegenheit ausschließlich auf Frömmigkeit beruht. Gott befahl den Menschen, anderen gegenüber gerecht, tolerant, verzeihend und verständnisvoll zu sein. Das einzelne Individuum zu achten und gerecht zu verfahren ist ein wichtiges Merkmal der Gläubigen.
Die Ausführungen unseres Propheten in der ersten Islamischen Gesellschaft wurden bezüglich des Aufbaus der Gesellschaft und deren Führung ein Wegweiser für alle Muslime. Die Urkunde von Medina, die als die erste Verfassung der Muslime betrachtet wird und die in Anbetracht der damaligen Bedingungen ein sehr fortschrittliches Rechtsverständnis aufweist, ist ein wichtiges Beispiel für die individuellen Rechte und das Rechtsverständnis der Islamischen Gesellschaft. Mit der Urkunde von Medina erhielten alle Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen in der Stadt grundlegende Rechte und Freiheiten, während Besitz und Leben der Menschen, ihre Familien und ihre Gebetsstätten gesichert waren. Diese Vereinbarung, die das Leben von unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften in einem gemeinsamen politischen System gewährleistete, versöhnte auch die Stämme, die füreinander jahrelang nur Haß und Feindschaft empfunden hatten. Auch außerhalb Medinas wurden die Heiden jederzeit gerecht behandelt und deren Bitten um Schutz und Fürsorge vom Propheten Muhammad (s.a.w.s) angenommen. Der Prophet Muhammad (s.a.w.s) mit seiner weiten Liebe und Barmherzigkeit sah voraus, daß die Beziehungen zwischen den Menschen stets von Freundschaft und Kultiviertheit geprägt sind.
Die Gerechtigkeit, die während der Ausbreitung des Islam in den eroberten Gebieten praktiziert wurde, war allen Gesellschaften ein Beispiel geworden. Dieser Gerechtigkeitssinn, der auch heute zahlreichen westlichen Gelehrten Achtung und Lob abnötigt, war in dieser Zeit für viele Menschen und Völker Anlaß, sich aus eigenem Wunsch der muslimischen Verwaltung zu unterstellen und den Islam anzunehmen. Unser Prophet Muhammad (s.a.w.s) setzte das Gerechtigkeitsverständnis des Quran in der besten Weise um und die ihn beobachtenden Gefährten und späteren Muslime lebten nach der hervorragenden Moral des Propheten (s.a.w.s). Genau wie Gott dieses Verhalten "Und unter denen, die wir erschufen, ist eine Gemeinschaft, welche zur Wahrheit leitet und ihr gemäß gerecht handelt." (Sure al-A'raf, 181) in dem Vers forderte, entstand unter den Menschen eine die Gerechtigkeit sichernde Religionsgemeinschaft.
Tugenden, die der Islam die Menschheit lehrte, sind unter anderen Meinungsfreiheit und Beteiligung an der Verwaltung. Dabei kommt eine der gundlegendsten Befehle des Islam auf sozialem Gebiet, nämlich die Beratung zu Tage. Gott befahl den Muslimen ihre Arbeiten mittels Konsultation zu betreiben, das heißt, vorzugehen, indem sie man einander um Rat fragt.
Und die auf ihren Herrn hören und das Gebet verrichten und deren Angelegenheiten (eine Sache) gegenseitiger Beratung ist und die von dem, womit Wir sie versorgten, spenden. (Sure asch-Schura, 38)
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Wird mit Beratung vorgegangen, dann haben die Individuen ihr Recht auf Meinung gebraucht, und wenn es Zeit ist eine Entscheidung zu fassen, entsteht die Möglichkeit einer vielseitiger Bewertung. Dabei wird die Fehlerrate reduziert und sichergestellt, daß zielgerichtete Entscheidungen gefasst werden.
Die wichtigste Seite von Konsultationen ist jedoch, daß diejenigen, die unterschiedliche Ansichten vertreten, einander Achtung und Verständnis entgegenbringen. Im Rahmen von Beratungen ist es unwichtig, wessen Meinung Zustimmung findet, sondern daß die richtige Meinung Akzeptanz findet. Der wichtigste Zweck von Beratungen ist die Sicherung des gesegnetsten und treffendsten Entschlusses für eine Gesellschaft. Die Islamische Moral verlangt von den Gläubigen, nicht auf ihren Ansichten zu beharren, sondern sich der Ansicht anzupassen, die dem Gewissen, der Gerechtigkeit und der Wohltätigkeit am nächsten ist, unabhängig davon, von wem der Gedanke stammt. Die Gläubigen haben sich vor dem Beharren auf einer Meinung zu hüten, das auf Stolz und Eigensinn gestützt ist, auf Aussagen wie, "Meine Ansicht soll akzeptiert werden" und "Meine Idee ist richtig". Denn dies sind Verhaltensweisen, die vor Gott keinen Gefallen finden. Wie in dem Vers "... Und über jedem Wissenden gibt es einen noch mehr Wissenden…" (Sure Yusuf, 76) befohlen wurde, muß ein Muslim wissen, daß es zu jeder Zeit jemanden geben kann, der besser Bescheid weiß als er selbst und daß es ein großer Fehler ist zu behaupten, über den treffendsten Gedanken zu verfügen.
Auch die Islamische Union kann unter Verwendung des Beratungsrechtes der Muslime auf einer freien politischen Kultur errichtet werden, bei der frei von Druck und Zwang alle Gedanken ausgesprochen werden können, die Rechte von allen Seiten geschützt sind und den Ansichten eines jeden mit Toleranz begegnet wird. Auf diese Weise wird eine Muslimische Gesellschaft unter Führung der Islamischen Union zu einer Gesellschaft werden, in der die Menschen den Ansichten anderer Achtung entgegenbringen und in der Gleichheit, Gerechtigkeit und Freiheit vorherrschen und Unterdrückung und Ungerechtigkeit völlig verschwinden. Auf diese Weise wird die Islamische Welt sich nicht darauf beschränken, Ruhe und Sicherheit für die Muslime sicherzustellen, sondern sie wird die Führung der Kultur der Welt übernehmen.
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Oil complexes in Azerbaijan and Indonesia |
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... He gave you refuge and supported you with His Help and provided you with good things so that hopefully you would be thankful. (Sure al-Anfal: 26) |
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Islamic morality instructs people to avoid waste and extravagance. This is a key element in establishing social justice in Islamic societies. Social justice in Islam can be established by the society's prevalent moral values. Consequently, living by the Qur'an's values and Islamic unity will cause the Islamic world to become more prosperous. |
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They will ask you what they should give away. Say, "Any wealth you give away should go to your parents and relatives and to orphans and the very poor and travelers." Whatever good you do, Allah knows it. (Sure al-Baqara: 215) |
Eines der größten Probleme der Islamischen Welt ist die Rückständigkeit der Mehrheit der Muslimischen Länder. Deshalb muß eines der vorrangigen Ziele der Islamischen Union die Entwicklung der Islamischen Welt und die Lösung der wirtschaftlichen Probleme der armen Länder sein. In allen Muslimischen Ländern muß:
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Die Armut bekämpft werden,
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Die Investitionstätigkeit gefördert werden, um neue Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen,
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Für gesellschaftliche Ordnung und Stabilität gesorgt werden,
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Die soziale Gerechtigkeit garantiert werden; wirtschaftliche Ungleichgewichte sind aufzuheben,
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Die internationale und regionale Zusammenarbeit und gleichgeartete Beziehungen gestärkt werden.
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Die aus materiellen Unterschieden resultierenden Bedrängnisse der Islamischen Welt sind zu verringern. Die Einheit unter den Muslimischen Ländern auf wirtschaftlichem, politischem und - ganz besonders wichtig - auf kulturellem Gebiet muß für die schnelle Entwicklung der Zurückgebliebenen verwendet werden und Länder mit den erforderlichen infrastrukturellen Möglichkeiten müssen die Gelegenheit erhalten, diese in der gewinnbringendsten Weise zu verwenden.
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Good land yields up its plants by its Lord's permission, but that which is bad only yields up scantily. In this way We vary the Signs for people who are thankful. (Sure al-A'raf: 58) |
Die Investitionen in die Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie sind zu erhöhen, denn das Fortschreiten der Technologie sichert ein schnelleres Wirtschaftswachstum. Durch die wirtschaftliche Entwicklung erhöht sich auf natürliche Weise das Bildungsniveau, und die Gesellschaft wird sich vielseitig weiterentwickeln. Das unter dem Dach der Islamischen Union etablierte System fördert das freie Unternehmertum, garantiert individuelle Reisefreiheit ohne Visumspflicht sowie die Freiheit des Handels. Damit wird die Islamische Union der Motor zur schnellen Entwicklung der Islamischen Welt sein.
Natürlich sichert diese Entwicklung die schnelle Modernisierung der Muslimischen Länder und das Erreichen des Niveaus von weiterentwickelten Gesellschaften. Doch die Wirtschaftkultur der Muslime wird sich von der teilweise hedonistischen westlichen Wirtschaftskultur unterscheiden. Im Islam gilt ebenso wie im Westen das freie Unternehmertum. Es gibt das Recht auf Privatbesitz und jeder kann Aktivitäten nach seinen Wünschen entfalten. Bei der Verteilung des Gewinns jedoch gewährleistet die Islamische Moral die soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft dadurch, daß die Individuen moralische Verantwortung übernehmen. Die Armen haben Anteil am Gewinn der Reichen; doch dies wird nicht durch Steuern erreicht, die von den Reichen zwangsweise erhoben werden, sondern durch eine freiwillige Gabe, die diese aufgrund ihres Glaubens und mit Billigung ihres Herzens geben. Die soziale Gerechtigkeit im Islam wird nicht dadurch hergestellt, daß sozialistische Systeme ausprobiert werden und wenn diese ohne Erfolg bleiben, zentrale Planung Druck ausübt, sondern mittels der in der Gesellschaft vorherrschenden moralischen Werte. Auch bewahrt die Islamische Moral die Reichen vor übermäßigem Konsum und vor Verschwendung.
Dies unterscheidet sich zweifellos von dem materialistischen Gesellschaftsmodell, dessen Individuen nur den Konsum zum Ziel haben, die sich nicht scheuen möglichst egoistisch zu sein und die anderen zu unterdrücken um noch mehr zusammenzuraffen, und in dem den Menschen Achtung und Liebe abhanden gekommen sind. Dieses Gesellschaftsmodell wurde in den letzten zweihundert Jahren zunehmend zum vorherrschenden Modell der westlichen Welt und degenerierte die Menschen dadurch, daß diese von den moralischen Werten der jüdisch-christlichen Tradition Abstand nahmen. Heute bemühen sich die westlichen Länder, die Ergebnisse dieser Degeneration, Rauschgiftsucht, Prostitution, Bestechung, Glücksspiel, Alkohol und organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Außerdem entstand in den westlichen Gesellschaften mit der Abschwächung des religiösen Glaubens eine Sinnkrise in Gestalt des Materialismus, in dessen Brennpunkt lediglich der Gewinn materieller Freuden und Vorteile steht; dieser jedoch befriedigt die Seele der Menschen nicht und führt sie in Leere und Ziellosigkeit. Unter dem Begriff Freiheit wurden die Menschen so zu Sklaven ihrer eigenen Leidenschaften.
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If you tried to number Allah's blessings, you could never count them. Allah is Ever-Forgiving, Most Merciful. (Sure an-Nahl: 18) |
Die Islamische Moral jedoch rettet die Menschen vor jeder Art von Zweifel und Furcht. Die Gläubigen fürchten sich nur vor Gott und bemühen sich darum, dessen Wohlgefallen zu gewinnen. Sie wissen um ihre Verantwortung gegenüber unserem Herrn, leben zu jeder Zeit so, wie es ihr Gewissen befiehlt und sind aufgrund ihres ruhigen Gewissens entspannt und ausgeglichen. Die Islamische Moral bewahrt die Menschen vor Ansichten und Ängsten wie Eifersucht, Gier, Zukunftsangst und Todesangst, die nicht zur religiösen Moral passen und läßt sie in der Freiheit und Ruhe ihrer Hingabe an Gott leben.
Aus diesem Grund werden Aufstieg und Entwicklung, der Islamischen Union keinesfalls identisch sein mit der Entwicklung des Westens. Die wirtschaftliche Entwicklung des Westens war von großen gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten begleitet. Zum Beispiel fand in England, dem Vorreiter der westlichen Entwicklung im 18. und 19. Jahrhundert, eine unglaubliche Ausbeutung statt. Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter waren sehr schlecht. Sogar kleine Kinder im Alter von 7-8 Jahren mussten in schmutzigen Kohlebergwerken täglich 16 Stunden arbeiten und die meisten starben, bevor sie 20 Jahre alt wurden. Es ist bekannt daß das Lebansalter eines Bergwerkarbeiters in Manchester im Durchschnitt auf 17 Jahre sank. Auf der anderen Seite lebten die Reichen in Luxus und Verschwendung. Es ist eine historische Tatsache, daß alle entwickelten westliche Länder diese schmerzhafte Entwicklung durchmachten und dass der Aufstieg des Westens mit der Unterdrückung von Millionen von Menschen bewerkstelligt wurde.
Das Entwicklungsmodell einer Gesellschaft, in der die Islamische Moral vorherrschen wird, wird soziale Gerechtigkeit einschliessen. Die Ungerechtigkeiten des Westens entstanden aus dem falschen Verständnis der menschlichen Natur, der materialistischen Phiolosophie, die zu dieser Zeit im Westen vorherrschte. Die Islamische Moral stellt sicher, daß die Menschen sowohl voller Initiative und unternehmerisch tätig sind aber auch barmherzig, opferbereit und gerecht bleiben. Schon während des ersten großen Aufstiegs der Islamischen Kultur waren die Muslime auf ökonomischen Gebiet weltweit führend. Dieser Reichtum bleib jedoch nicht in Händen einer Gruppe von Privilegierten sondern verbreitete sich entsprechend der Islamischen Moral über die gesamte Gesellschaft. Die Sozialeinrichtungen der Islamischen Kultur wie Armenküchen, Karawanseraien, öffentliche Bäder und Bibliotheken zeigen, daß im Islam Wohlstand und Kultur nicht in der Hand einer Klasse bleiben, sondern sich über die gesamte Gesellschaft verbreiten. Dies ist das Entwicklungsmodell, dem die Islamische Union in unserer Zeit folgen wird.
Ein anderer Punkt, der die Islamische Union betrifft, ist ihre Aufgeschlossenheit. Die Islamische Moral sieht vor, daß Muslime aufgeschlossen sind, das heißt, sich im Austausch mit anderen Kulturen befinden und von deren angehäuftem Wissen profitieren.
Schließlich haben aus diesem Grund Muslimische Gelehrte und Denker der ersten Jahrhunderte des Islam die Werke der alten Griechen, der Chinesen und Inder untersucht, daraus Wissen geschöpft und dann dieses Wissen mit Islamischem Verständnis weiterentwickelt und angereichert. Auch heute ist die Islamische Welt in einer Situation, in der sie insbesondere die westliche Kultur, aber auch die Kulturen anderer entwickelter Länder dieser Welt aus der Nähe untersuchen kann, Nutzen aus deren Wissen ziehen wird, dieses verwenden, umwandeln und weiterentwicklen kann.
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Allah knows what you keep secret and what you make public. Those you call on besides Allah do not create anything. They are themselves created. (Sure an-Nahl: 19-20) |
Zweifelsohne ist die Isolation der Islamischen Welt von anderen Kulturen eine Methode, die den Muslimen keinen Nutzen gebracht hat. Die Muslime müssen vielmehr alle technologischen Möglichkeiten in geeigneter Weise für die religiöse Moral verwenden. So müssen die Muslime bei Kinofilmen, die eine der Islamischen Moral widersprechende materialistische Moral vertreten, eine eigene Filmindustrie gründen und Filme produzieren, die die Menschen das Richtige und Schöne lehren. Wenn einige Kunstrichtungen negative Elemente enthalten, dann liegt die Lösung darin, diese Kunstrichtung noch schöner und noch prachtvoller und überdies mit Islamischen Inhalt auszustatten. Wenn die Menschen den Prunk der Städte, ihre Sauberkeit, ihren Komfort und deren Lebhaftigkeit bewundern, dann müssen die Muslime noch schönere Städte errichten und die Welt noch schöner machen.
Sicher ist es den Muslimen möglich, eine Kultur entstehen zu lassen, die der von ihnen zuvor errichteten, aber vergangenen Kultur ähnlich ist. Hierzu ist es notwendig, das Verständnis von Kunst und Ästhetik, das die Quranische Moral mit sich bringt, deren Offenheit, Gerechtigkeit und deren Mäßigung zu leben. Kunst, Kultur und Zivilisation des Islam bringen nicht nur den Muslimen, sondern der gesamten Menschheit Wohlstand. Es werden die größten Bibliotheken der Welt gegründet werden, die prächtigsten Gebäude, die saubersten Straßen, die beleuchtetsten Alleen, die besten Schulen, Krankenhäuser und Universitäten errichtet werden und alle Menschen werden von diesen Möglichkeiten und Schönheiten in gleicher Weise profitieren.
Unter der Führung einer Islamischen Union kann der Wiederaufstieg der Islamischen Kultur sichergestellt werden und das 21. Jahrhundert kann für die Islamische Welt das Jahrhundert der Erleuchtung sein. In dieser Zeit, in der die Globalisierung mit jedem Tag an Geschwindigkeit zunimmt, müssen die muslimischen Länder untereinander jegliches Hindernis beseitigen, in Wissenschaft, Technologie und Handel gemeinsame Projekte durchführen und zum Nutzen der Islamischen Union als Einheit vorgehen.
Für die Muslime ist die Welt nicht in die zwei Lager "westliche Welt" und "Islamische Welt" getrennt. Insbesondere gehören die Bewohner der westlichen Welt zum Großteil den Buchreligionen an und teilen deswegen zahlreiche Glaubensinhalte und moralische Werte mit den Muslimen. Deshalb entsprechen viele Elemente der westlichen Welt – Glaubensfreiheit, Demokratie und der Wert der Familie – dem Wesen nach der Islamischen Moral. Viele Menschen im Westen haben bereits den Islam gewählt und diese Entwicklung setzt sich fort. Wenn man bedenkt, daß bis heute die Islamische Moral im Westen in aller Regel falsch dargestellt wurde, dann ist abzusehen, daß in Zukunft noch mehr Menschen im Westen zum Islam konvertieren. Die Muslime müssen dem Westen und dessen Kultur deshalb auch unter diesem Blickwinkel gegenübertreten. Nicht zu vergessen ist, daß so manche Kreise der westlichen Welt, die in den letzten zweihundert Jahren unter dem Einfluß des Materialismus standen, die Notwendigkeit erkannt haben, den richtigen Weg zu gehen und daß hieraus eine Verantwortung für die Muslime entsteht.