In diesem Buch werden wir uns mit der Notwendigkeit der Gründung einer Islamischen Union befassen, einer dringlichen Aufgabe für die zahlreichen Länder der Islamischen Welt mit insgesamt 1,2 Milliarden Muslimen.
Betrachtet man die Islamische Welt heute, dann ist das auffälligste Charaktateristikum die Uneinigkeit der Muslime. Die Beziehungen vieler Islamischer Länder sind von tiefen Auseinandersetzungen geprägt. Noch jüngste Vergangenheit war von Kriegen unter Muslimischen Staaten gezeichnet, dem iranisch-irakischen Krieg, die Besetzung Kuwaits durch den Irak und den Krieg zwischen Indien und Bangladesch. Auseinandersetzungen, aufgrund ethnischer und soziale Probleme in Muslimischen Ländern wie in Afghanistan, im Yemen, im Libanon, im Irak und in Algerien zeigen, daß die Islamische Welt bei weitem nicht ihren eigenen Ansprüchen gerecht wird. Die Islamische Welt ist geprägt von den unterschiedlichsten religiösen Ansichten, Auslegungen und Modellen. Es gibt keine zentrale Autorität, die festlegen würde, was mit dem Islam konform geht, oder was ihm widerspricht und so den Muslimen dieser Welt die Richtung weisen und sie zu einem Einvernehmen führen könnte. Für die Katholiken gibt es den Vatikan, für die orthodoxen Christen das Patriarchat, doch für die Islamische Welt existieren kein Zentrum und keine religiöse Einheit.
Dennoch besitzt das Wesen des Islam eine Einheit. Denn nach dem Tod unseres Propheten Muhammad (s.a.w.s) wurde die Islamische Welt stets vom Kalifat gelenkt, das den Muslimen in religiösen Belangen den Weg wies.
Auch heute kann eine zentrale Autorität ins Leben gerufen werden, die der gesamten Islamischen Welt als Wegweiser dienen könnte. Die Gründung einer zentralen Islamischen Autorität, einer Islamischen Union, die auf demokratischen Prinzipien und der Unantastbarkeit der Justiz basiert, wäre ein wichtiger Schritt zur Beseitigung der vorhandenen Probleme der Islamischen Welt.
Diese Islamische Union müsste:
1. die gesamte Islamische Welt ansprechen und sich deshalb auf die grundlegenden Islamischen Werte und Prinzipien stützen und dürfe keinesfalls eine bestimmten Glaubensrichtung oder Bruderschaft vertreten.
2. Menschenrechte, Demokratie und freies Unternehmertum unterstützen; als grundlegendes Ziel wäre die wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Entwicklung der Islamischen Welt festzulegen.
3. zu anderen Ländern und Kulturen friedliche und harmonische Beziehungen unterhalten; bei der Bekämpfung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Terrorismus, internationaler Kriminalität und beim Umweltschutz ist mit der internationalen Gemeinschaft und den Vereinen Nationen zusammenzuarbeiten.
4. die Rechte von Minderheiten in der Islamischen Welt und von Fremden, die die Islamische Welt bereisen schützen; insbesondere ist für deren Sicherheit und ein achtungsvolles Gegenübertreten zu sorgen; von großer Bedeutung sind religionsübergreifender Dialog und Zusammenarbeit.
5. bei Problemen zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, wie in Palästina und im Kaschmir gerechte und friedliche Lösungen finden, die für beide Seiten Gewinn und einen tragfähigen Kompromiss mit sich bringen. Dabei sind sowohl die Rechte der Muslime zu schützen wie auch zu verhindern ist, daß die bestehenden Konflikte nicht von radikalen Elementen der Islamischen Welt vertieft werden.
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Wer einen Konflikt der Zivilisationen will, ist verantwortlich für noch mehr Verluste und Blutvergieen auf der Welt. Die Islamische Union wird das wichtigste Bollwerk gegen die sein, die Konflikte befürworten. |
Sowohl für die 1,2 Milliarden Muslime, die zahlreichen Problemen gegenüberstehen, wie auch für alle anderen Menschen dieser Welt wäre es ein großer Segen, wenn die Islamische Welt eine kluge, gerechte und weise Führung erhielte.
Eine Islamische Union, aufgebaut auf der Quranischen Moral wird für die gesamte Welt ein Instrument sein, Frieden und Sicherheit herbeizuführen. Die Muslime gingen seit der Zeit unseres Propheten Muhammad (s.a.w.s) mit bestem Beispiel voran in der Wissenschaft, bei grossen Ideen, in der Kunst, Kultur und Zivilisation und schufen zum Wohl der Menschheit große Werke.
Während Europa sich in der Dunkelheit des Mittelalters befand, lehrten die Muslime die Welt Wissenschaft, Medizin, Kunst, und andere Fähigkeiten. Um den Islamischen Aufstieg, der aus der Erleuchtung durch den Quran und dessen Weisheit resultiert, von Neuem zu beginnen, bedarf es heute eines Wegweisers, der die Quranische Moral und die Verhaltensnormen unseres Propheten (s.a.w.s) zum Maßstab nimmt.
Es ist festzustellen, daß dabei insbesondere der Türkei neben allen Muslimischen Ländern eine wichtige Rolle zufällt. Denn die Türkei ist Erbin des Osmanischen Reiches, das unseren Vorstellungen entsprechend eine Islamische Union errichtete und über fünfhundert Jahren lang lenkte. Auch verfügt die Türkei über die gesellschaftliche Basis und die Staatstradition, diese Verantwortung wieder zu übernehmen. Darüber hinaus ist die Türkei das Islamische Land, das die am weitesten entwickelten Beziehungen zum Westen unterhält und deshalb eine Vermittlerfunktion bei der Lösung von Problemen zwischen der westlichen und der Islamischen Welt übernehmen kann. Weitere Merkmale, die die Türkei für die Führung der Islamischen Union qualifizieren, sind ihre historische Toleranz und die Tatsache, dass die Türkei nicht Anhänger einer Minderheit innerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft ist, sondern die sunnitische Glaubensrichtung vertritt, der ein Großteil der Islamischen Welt angehört.
Die Gefahr eines Zusammenpralls der Zivilisationen zwischen der Islamischen Welt und dem Westen wächst mit jedem Tag. Mit der Gründung der Islamischen Union würde diese Gefahr vollkommen verschwinden. Denn historische Erfahrungen zeigen, daß das Zusammenleben verschiedener Kulturen nicht unbedingt einen Grund für Spannungen und Auseinandersetzungen darstellen muss. Kulturen, die nebeneinander leben, wählen zwischen Auseinandersetzung oder Frieden und Zusammenarbeit durch intolerantes oder tolerantes Verhalten. Heute gibt es sowohl im Westen wie auch in der Islamischen Welt Menschen, die anstelle von Toleranz und Einvernehmen Feindschaft und Auseinandersetzung bevorzugen.
Deshalb dauern falsche Anschauungen und Vorurteile bezüglich der Muslime und des Islam fort, was zu zahlreichen Problemen für die Muslimische Welt führt. Der Westen dagegen empfindet aufgrund dieses falschen Verständnisses eine Besorgnis, die völlig ungerechtfertigt ist. Es bedarf also einer raschen Lösung, die diese Besorgnis verschwinden läßt.
Ein gemeinsames Handeln der Islamischen Welt, umgesetzt durch die Institution einer Islamische Union ist also dringend norwendig, um um einer möglichen gefährlichen Auseinandersetzung vorzubeugen.